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Nr. 91

K u n st - B l a t t

Montag, d e n 14. November 1825.

Neapel.

(Fortsetzung.)

ll. P r i v a t sa m m I u n g e n.

Als Centralpunkt neu aufgcfundener großgriechischer
Grabdenkmäler, einer Klasse von Antiken, die an schönen
und lehrreichen Resten unerschöpflicher ist als irgend eine
andre, gewahrt Neapel Kunstfreunden und Kunsthänd-
lern einen belohnendern Spielraum ihrer Nachforschun-
gen als, selbst Rom nicht ausgenommen, irgend ein an-
drer Ort. Es ist wahr, Mißgunst, Gewinnsucht und Un-
wissenheit verhindern und zerstören oftmals in nahen
und fernen Provinzen des Königreichs die volle Ausbeute
der günstigsten Umstände, und pflegen namentlich alle
Belehrung, welche durch die Art der Auffindung erwach-
sen würde, gänzlich abzuschneiden; aber es ist eben so
wahr, daß die lezten Jahre an zahlreichen Bepspielen
häufiger und geschickter Ausgrabungen vorzüglich glück-
lich gewesen sind. Die Aufmerksamkeit des Publi-
kums auf Gegenstände dieser Art ist allgemeiner, die Ge-
schicklichkeit der Ergänzer auf gewissenhafte Herstellung
der Antiken bedachter geworden; man hat gelernt auch
die oft zerstückelten Reste zu schätzen und versucht es häu-
figer durch regelmäßige Ausgrabung einer Zerstörung
vor der Auffindung zuvorzukommen. Der umfassend und
einsichtig angeordnete Vasenhandel der HH. Gargiulo
und Crescenzi ist für die Theilnahme des Auslandes
und durch die Ankäufe des Hrn. Durand zu Paris
namentlich für Frankreich bedeutend geworden; zu glei-
cher Zeit mit diesen mcrkantilischen Bemühungen sind
angesehene Privatpersonen beschäftigt, ihrem Aufenthalt
in Neapel durch eifrige Ausgrabungen und glänzende
Kunstsammlungen ein Denkmal zu setzen.

Die Vasensammlung der HH. S. Angelo, eine
Sammlung, die ihrem Gehalt und Umfang nach bereits
seit Jahren für abgeschlossen gelten könnte, hat noch in
der lezten Zeit einige höchst bedeutende Vermehrungen
ihres reichen Vorraths Lukanischer Vasen erhalten. Eine
Vase von mehr als fünf Palmen Hohe, die oberwärts

den Mythus von Orpheus und Eurydice, unten Theseus
bey den Schatten vorstellt, war bereits im vorigen Jahre
hinzugekommen. Ein ganz neuer Zuwachs ist eine Vase,
die bey ausgezeichnetem Styl der Zeichnung durch Vor-
stellung und Inschriften zu den seltensten gehört. In ei-
ner Einfassung, die für Bezeichnung einer Schaubühne
gelten kann, sucht Dej a n ira einen unbenannten Jüng-
ling dem Tydeus zu entreißen; im Hintergrund und
in abgesondertem Raum steht eine zwepte Frau mit der
Geberde des Entsetzens. Der Gegenstand dieser Vorstellung
ist uns nicht erinnerlich und beruht vielleicht auf einem
unbekannten Mythus; es ist höchst bemerkenswerth, daß
auswärts zur Rechten Aphrodite sizt, seitwärts von ihr
der Bogen ihres geflügelten Schooskindes, hier nicht
Eros, sondern als neidischer Zuschauer Phthonos be-
nannt. Im untern Raume sitzen, wie im Reiche des
Pluto, Theseus tief verhüllt und Peleus mit einem
Hunde. Die Rückseite enthält mystische, ebenfalls sehr
eigenthümliche Darstellungen.

Mehrerer bedeutender Erwerbungen des Duc de
Blacas bat bereits ein gelehrter Landsmann in diesen
Blättern (Nr. Zy. 40.) Erwähnung gethan. Wichtiger
für die Kunde des deutschen Publikums ist die äußerst
reichhaltige Vasensammlung, welche der k. k. General-
feldmarfchall Baron v.Koller seit seinem mehrjährigen
Aufenthalt in Neapel veranstaltet bat. Eines der wich-
tigsten Stücke dieser Sammlung, eine Preisvafe mit alt-
griechischem Minervenbild hatten wir früher (Nr. 61.)
zu erläutern Gelegenheit. Eine neue Zierde derselben ist
eine Nolanischc Patera von schönster Zeichnung und gu-
ter Erhaltung, allem Anschein nach ebenfalls Preisvase
oder Abschiedsgeschenk eines kriegsfähigen Jünglings ; we-
nigstens fordern die drepfachen Darstellungen des schönen
Gefäßes zu solcher Voraussetzung auf. Innen der Abschied
eines Greises von einem gerüsteten Jüngling, etwa des
Lvkomedes von N eop to lemus, außen einerseits
die Trennuug einer trauernder, von Eros und Aphrodite
nicht getrösteten Frau von einem scheidenden Krieger,
etwa Laodamia von Protesilaus, endlich andrer-
seits das Urtheil des Orpheus. In dieser leztern Be-
Register
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