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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 59.1925 (April-September)

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Nr. 4
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[Notizen] / Kunstmarkt
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66

Französische Möbel des 18. Jahrhunderts im Berliner Kunsthandel


Abb. 2. Schreibtisch, marketiert und bronzegefaßt. Paris, In der Art
Oebens, um 1750. Kunsthandlung Hermann Ball, Berlin

des 18. Jahrhunderts überhaupt, so ins-
besondere auf dem der französischen
Möbelkunst eine willkommene Bereiche-
rung und Belebung darstellt. Es sei ge-
stattet, aus den Beständen der Firma an
Pariser Möbeln einige für die Stil-
geschichte dieses hervorragenden Zwei-
ges der Möbelkunst markante Stücke
näher zu bezeichnen.
Das früheste und bedeutendste Stück
dieser Auswahl ist ein dreiteiliger Bücher-
schrank, der mit hoher Wahrscheinlich-
keit als ein Frühwerk des berühmten
Ebenisten des Regenten, Cressent (1685
bis 1768), anzusprechen ist (Abb. 1).
Kennzeichnend für den Frühstil Cres-
sents, um 1725, ist der noch strenge Auf-
bau mit flachen Pilastern, die Bekrö-
nung durch ein in drei Flachbögen ge-
hrochnes, mit Hohlkehlen versehenes
Gesims, die strenge Geometrie in der
Verwertung der Zeichnung des gemaser-
ten Rosenholzfurniers, vor allem aber
die im Maßstab zu den schlanken Fel-
dern unübertrefflich abgewogenen feuer-
vergoldeten Bronzeleisten mit feinen
Laub- und Bandelwerkmotiven an den
Eineckungen und einem Maskaron nebst
Musikinstrumenten in der Mitte. Die

oberen Öffnungen sind wie üblich ver-
gittert. Auf den Bronzen erscheint
wiederholt der Stempel ,,C“ mit Krone,
der aber nichts mit einem Künstler-
namen — man löste ihn früher auf in
Cressent, Caffieri oder Colson — zu tun
hat, sondern ein Kontrollstempel für die
Feuervergoldung ist, ,,poin§on de con-
tröle de Doreur“. Interessant ist die
Feststellung der französischen For-
schung, daß Cressent bei seinen früheren
Möbeln — seit rund 1714 — die Bronzen
unter seinen Augen gießen ließ und sie
eigenhändig ziselierte — er hatte mit
Ziselierarbeiten für Girardon und Le
Lorrain seine Laufbahn begonnen —
aber im Jahre 1723 wurde er durch ein
Gerichtsurteil gezwungen, den Innungs-
bestimmungen gemäß die Bronzen in
einer Bronzewerkstatt hersteilen zu
lassen. Die früheren Möbel Cressents im
Regencestil, —nahe verwandt ist diesem
Bücherschrank ein dreiteiliger, niedrige-
rer Bücherschrank in Petersburg, den der
Berichterstatter in dem Buche ,.Möbel-
formen“ veröffentlichen wird —, diese
früheren Möbel sind den späteren, oft
fabrikmäßig hergestellten des Louis-
quinze-Stiles durchgängig überlegen im
 
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