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Diese Nammer der Knnstnachrichten ist 4 Seiten stark. Anflage: 13000

KUNSTNACHRICHTEN

BEIBLATT DER KUNSTWELT

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IL JAHRG. No. 10. 1913

Die Kunstnachrichten sind ständiges Nachrichtenorgan für folgende KUNST- UND KUNSTGEWERBE-VEREINE Deutschlands, Oesterreichs,
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Ulm (Donau), Ülzen, Varel, Wiesbaden, Winterthur, Würzburg, Zürich, Zwickau.

Die Mietskaserne am Meere.

EIN BEISPIEL FÜR VIELE.

Irgendwo an der Ostsee, weit draußen vor Ich kann mir nicht denken, daß hierfür wirt-

der kleinen Stadt, an einer stillen Straße, seh' schaftliche Ursachen maßgebend waren. Wenn

ich ein einsames Haus. — — man in der Großstadt in die Höhe baut, statt

Wenn du nun aber glaubst, Leser, daß ich in die Breite, so ist das erklärlich; der Grund

dir jetzt ein gemütvolles Märchen erzählen will, und Boden ist teuer, und so muß er eben aus-

von efeuumrankten Mauern, träumerischen Fen- genutzt werden. Aber diese Gründe fallen doch

stern, alten grünen Bänken vor der Türe, die hier vollkommen fort. Hier ist ja überall rings-

zum Ruhen und Spintisieren einladen, — dann herum freies Feld, auf dem Kartoffeln und

irrst du ganz gewaltig! Denn dazu konnte dieses Rüben, Weizen und Roggen, Klee und Hafer

Haus wirklich niemand anregen! Ein häßlicher, gebaut wird. Hier kann doch der Boden nicht

vierstöckiger Mietskasten von schmutzig-grauer teuer sein. Wenn aber der Preis des Bodens

Farbe war es, der mitten in der lachenden, nicht die Ursache für diese Art zu bauen war —

grünenden Natur stand! Der Putz war abge- was bleibt als solche übrig? Ich kann nur

bröckelt, schmutzigrote Gardinen verunzierten die glauben, daß der Geschmack des Bauherrn den

Fenster — mit einem Wort; es war eines jener Ausschlag gegeben hat. Der findet eben eine

scheußlichen Dutzendhäuser, wie sie an der vierstöckige Mietskaserne schöner als ein flaches

Peripherie aller Großstädte vorkommen. Dort Haus, wie es dort in die Landschaft paßt. Das

ist man diese Auswüchse eines schlechten Ge- hält er für großstädtisch, das findet er vornehm,

schmackes ja leider gewöhnt, sie mögen an diesen so hat man's in Berlin — und daß er das weiß,

Stellen sogar eine wirtschaftliche Notwendigkeit will er zeigen! Und so verschandelt der Edle

sein — aber hier! Wie kommt ein solches mit seinem miserablen Geschmack die ganze

Haus mitten auf das freie Feld? Mitten in eine Gegend! Es ficht ihn nicht im mindesten an,

herrliche Umgebung? Gleich neben die präch- daß die Häuser einer Villen-Kolonie nicht weit

tigen alten Bauernhäuser mit ihren roten davon alle flach gebaut sind. Es sind gewisser-

Ziegelmauern, ihrem schwarzgeteerten Holzwerk maßen Ubersetzungen der Bauernhäuser in's

und ihren schönen, moosbewachsenen Stroh- Städtische und Modern-Praktische. Sie haben

dächern? Jenen Bauernhäusern, die in ihrer natürlich auch kein Strohdach — denn das geht

Art etwas architektonisch Vollendetes darstellen, nicht — sie sind nicht einstöckig, wie ihre

und die mit den alten Baumgruppen, die sie Vorbilder, sondern zweistöckig, aber sie fügen sich

umgeben, ideale Objekte für Maler sind! In diese wie diese der Landschaft, dem Gesamtbilde, ein.

Nachbarschaft also stellt der Zeitgenosse, der dieses So oft mir wieder ein solcher Fall begegnet,

Haus gebaut hat, seine scheußliche Mietskaserne— frage ich mich immer: Muß sich eigentlich die
 
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