leiben. Freilich hat auch er eine Periode gehabt, wo ihm
Natureindrücke direkt zur Aussprache seiner künstlerischen
Anschauung dienten, doch ist er im Verlaufe seiner reichen
Entwickelung, in der übrigens neben der Malerei auch
die Plastik eine bedeutsame Rolle spielt, immer weiter
von der rein renlistischen Darstellungsweise zurückgekom-
men. Heute charakterisiert seine Bestrebungen ein gewisser
Hang zum malerischen Mystizismus. Es würde zu weit
sühren, den Künstler in seinen Eigenheiten zu verfolgen.
Möge auch hier lediglich der Wunsch Raum finden, bei
Heranziehung sremder Krüste zu unseren Münchener Aus-
stellungen mehr und mehr Persönlichkeiten vertreten zu
sehen, die uns besseres zu sagen haben, als lediglich
prickelndes Pariser Boulevard-Geschwätz. Diese Briten
haben uns alle etwas zu sagen; sie haben, soweit es sich
nicht um die R. A. chandelt, weder den klassischen Vor-
tragston der offiziellen Kunstwelt, die sich um das Wirkliche,
Lebende, Pulsierende wenig kümmert, noch sind sie gut im
Sinne des europäischen Bildungs-Philisters, nein, sie sind
Künstler um der Kunst willen. — F. Brangwyn sLondon)
mag mit seinem Bilde „Der wunderbare Fischfang" wohl
auch manchen zum Kopfschütteln bringen, der nie beobachtet
hat. Die Fischer sind orientalische Erscheinungen; Christus,
in nichts weniger als gewohnt konventioneller Form auf-
gefaszt. Auf tiefblauen Wassern gleiten die Fahrzeuge
dahin, in denen die Männer ihrem Handwerke obliegen.
Klarheit der Farbe war immer eine der starken Seiten
Brangwyn'scher Bilder. Hier erscheint alles im Dufte
einer feuchten Atmosphäre, die Akkorde klingen weich zu-
sammen und haben dabei eine Feinheit, die sich in Worten
nicht schildern läßt. Und bei allem ist die Lösung so ein-
fach, groß, edel, weit, weit entfernt von den orientalischen
Modellsteherszenen, die Horace Vernet zu biblischen Bildern
gestempelt hat.
Daß England seit Reynolds und Gainsborough eine
Reihe vorzüglicher Porträtmaler hervorbrachte, hat jede
neuere Ausstellung gezeigt. Etwas von dem gesundheit-
lich Strasfen, was die ganze Nation durchzieht, liegt
auch in den meisten Bildnissen.
H. L. v. Berlepsch.
* Cbristlicbe Ikunst.
Auf der Münchner Katholikenversammlung hatte der
Münchner Professor Joseph Bach den solgenden Antrag
eingebracht:
„1. L. Die General-Versaminlung verwirft jene so-
genannte naturalistische Kunstrichtung, welche Personen
und Begebenheiten der heiligen Geschichte in den Dar-
stellungen der Plastik und Malerei bloß als geschicht-
lichen Gegenstand auffaßt, oder gar vollständig pro-
fanirt uüd sälscht, wie auch nicht minder jene, welche
die niedrige Sinnlichkeit erregt.
b. Die General-Versammlung hält es für dringend
notwendig, daß die Wahrheiten des christlichen Glau-
bens, die Thatsachen der christlichen Geschichte und die
Grundsütze des christlichen Lebens viel mehr als bis-
her zur Darstellung gebracht werden, nicht nur sür
kirchliche Zwecke, sondern auch sür das öffentliche und
häusliche Leben. Daher empfiehlt sie aufs wärmste
die Zuwendung von Aufträgen an tüchtige, glaubens-
treue Künstler.
e. Die General-Versammlung betrachtet die kirch-
liche Kunst als den wichtigsten Zweig des christlichen
Kunstschaffens und empsiehlt sür dieselbe das Studium
und engen Anschluß — auch nach der theologischen
und symbolischen Seite hin — an mustergültige Schöpf-
ungen aus l»er ruhmreichen Vergangenheit der christ-
lichen Kunst. Sie verlangt aber auch bei ihnen die
Fähigkeit und das Bestreben, diese Schöpfungen indivi-
duell zu benützen und zu verwerten unter Anwendung
solider und erprobter Techniken. Sie erkennt des-
wegen ausschließlich dieThütigkcitselbständig
schaffender Künstler und Kunsth andw erker
als berechtigt an und verurteilt den Fabrik-
betrieb der sog. Kunst-Anstalten, welche als
die schlimmsten Feinde der echten kirchlichen
Kunstthätigkeit betrachtetwerdenmüssen. Die
G eneral-Versammlung verwirft die Massen-
erzeugung a uf d e iv Kunstg eb i ete und warnt
alle, die es angeht, durch Anschaffung solcher
Erzeugnisse die Kirchen zu verunzieren und
dazu noch sinanziell schwer zu schädigen.
ck. Die General-Versammlung spricht allen verstän-
digen Veranstaltungen, die den Zweck haben, der kirch-
lichen Kunst im Sinne der besten mittelalterlichen
Kunst zu neuer Blüte zu verhelfen, ihre wärmsten
Sympathieen aus und bittet namentlich den hochwür-
digen Klerus als den zunächst berufenen Wächter über
die bezügliche Kunstthätigkeit, sich derselben in diesem
Sinne eifrigst anzunehmen."
Über den Standpunkt des Herrn Antragstellers und
der Katholikenversammlung den neuen Kunstrichtungen
gegenüber haben wir mit ihnen selbstverstündlich nicht zu
rechten, dagegen dürsen wir unsere Freude aus-
drücken über die gesperrt gedruckten Sätze.
Jn seiner derben Weise', aber sachlich, und wie wir
nach unserer Kenntnis sagen müssen, leider zutreffend,
geht auch I)r. Sigl im „Vaterland" speziell mit Bezug auf
bayerische Verhältnisse der Frage zu Leibe, die mit jenen
Sätzen oben vorsichtig berührt wird. „Das' darf nicht
so fortgehen, daß blöder Unverstand so heillos fortwirt-
schaftet wie bisher. Wie sorgsam und energisch schützen
Preußen und noch mehr Frankreich und Jtalien ihre
Kunstschätze! Bei uns aber ist der Nächstbeste maß-
gebend in seinem Urteil über Kunst, jeder ist allein der
»wahre Jakob« , d. h. der beste Ästhetiker. Jst da eine
wohlhabende Gemeinde, so muß alsbald die Kirche »stil-
gerecht« renoviert, restauriert oder gleich gar neu inven-
tarisiert werden. Der »Kunstbeistand«, Besitzer eines
»Ateliers sür christliche Kunst«, früher Vergolder-, An-
streicher- oder Schreinergeselle, der sich jetzt »Architekt«
nennt, vollbringt dann das »Werk«. Das Wertvollste,
oft unbezahlbar, wird aus dem Tempel hinausgefeuert
und Schund im wahren Sinne des Wortes kommt dafür
herein. Aber wehe, wenn ein wirklicher Architekt, ein
wirklicher Maler, ein w i r k l i ch er K ün st l er kritisiert I
Der ist »ein Kerl«, der »nicht empfohlen ist«I" Sigl
macht der Geistlichkeit rückhaltlose Vorwürfe, daß sie, die
zudem ost auch nicht das Mindeste von Kunst verstehe,
häufig ein durch Vetternwirtschaft, ja durch „Prozente"
bestimmtes Zutreibertum der „Ateliers" an die Gemein-
den stelle. Auch die Büreaukraten bekommen natürlich
ihr Teil mit ab, Sigl fordert, die Kirchenvorstände sollten
mit dem Polytechnikum und der Kunstakademie iir München
lebendige Fühlung suchen, damit üie Kirchen nicht weiter
„verschandelt und verhunzt" würden.