Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Laur-Belart, Rudolf
Vindonissa: Lager und Vicus — Römisch-Germanische Forschungen, Band 10: Berlin, Leipzig, 1935

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42465#0027
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B. Das Lager auf der ‘Breite’.
1. Form, Größe und Orientierung.
Das römische Standlager ist erwachsen aus dem Marschlager der Legionen, das all-
abendlich errichtet werden mußte und aus praktischen Gründen nach einem streng geo-
metrischen Schema ausgedacht war. Wo immer es die geographischen Gegebenheiten
zuließen, mußte dieses Schema eingehalten werden. Auch beim Standlager wich man
nur dort davon ab, wo es die Rücksicht auf bessere Verteidigungsmöglichkeiten infolge
der Geländegliederung bedingte. Das Schema bestand aus einem Rechteck, dessen Breite
sich zur Länge ungefähr wie 3: 4 verhielt1). Die Ecken waren abgerundet, die Seiten
geschützt durch einen doppelten Spitzgraben mit dahinterliegender Wallmauer. Jede
Seite besaß ein Tor, die beiden Schmalseiten in der Mitte, die Langseiten mehr oder weniger
feindwärts verschoben, jedoch so, daß sie sich genau gegenüberlagen. Das Lager war mit
der einen Schmalseite gegen den Feind gerichtet. Das Tor dieser Seite hieß Porta praetoria,
dasjenige der anderen Schmalseite Porta decumana. Die Verbindungslinie dieser Tore
nannte der römische Castrametator den Decumanus maximus. Die Tore der Langseiten
wurden Porta principalis dextra und Porta principalis sinistra genannt, links und rechts
im Sinne des nach dem Feinde blickenden Feldmessers. Die Verbindungslinie dieser Tore
war der Cardo maximus. Auf diese Linie fiel auch die einzige, von außen gerade durch das
ganze Lager führende Straße, die Via principalis. Diese Eigenschaft der Hauptstraße
bringt es mit sich, daß sie bei der Erforschung eines Lagers oder Kastells in erster Linie
gesucht wird und zur Orientierungsbestimmung dienen kann. Auf den Decumanus maximus
führte eine Straße, die Via praetoria, nur von der Porta praetoria bis zur Via principalis,
die sie genau in der Mitte traf. Dort stellte sich ihr das Praetorium, das Zentralgebäude
des Lagers, entgegen. Die Straße umging in zwei Armen dieses Gebäude, oft auch noch
den dahinter liegenden Palast des Legionskommandanten, und führte dann, als Via decu-
mana, wieder auf dem Decumanus maximus zur Porta decumana. Weitere Querstraßen,
z. B. die Via quintana, die hinter dem Legatenpalast durchführte, teilten das Lager in
Querstreifen, die Scamna ein, und diese ihrerseits wurden durch Längsstraßen oder besser
Gassen in Strigae oder Insulae zerschnitten. Die Lagerbreite umzog der Innenseite des
Walles entlang ein freier Streifen, das Intervallum, das z. T. in eine Straße, die Via sagularis,
umgewandelt war. Die Verteilung der Lagerbauten geschah im Prinzip so, daß leichter
bewaffnete Truppen, in erster Linie also Auxiliarkohorten, im Lagerabschnitt zwischen
Via principalis und Porta praetoria, der sogenannten Praetentura, feindwärts untergebracht
wurden. Sie waren bei einem Alarm am ehesten gewaffnet. Im einzelnen geschah die Ver-
teilung hier so, daß in nächster Nähe des Walles die leichtbewaffneten Fußsoldaten kam-
pierten und dahinter die Auxiliarreiter, deren Kasernen mit dem Rücken an das Scamnum
tribunorum stießen, den Lagerstreifen an der Via principalis, den die Wohnungen der
höheren Offiziere, der Militärtribunen und Präfekten, ausfüllten. Die schwerbewaffneten
x) Novaesium 21. Nach Hyginus und Vegetius jedoch 2 : 3. (Doppellager Vetera wirklich 2:3; vgl. Lehner, Vetera
Plan 1.)

13
 
Annotationen