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MARTIN SCHONGAUER
115 Kupferstiche, die ich 1914 im Rahmen der Graphischen Gesell-
schaft veröffentlichte.1
Die ältere Literatur über Schongauer, welche Andre Waltz in einer
sorgfältig gearbeiteten Bibliographie2 zusammengestellt hat, ist bis etwa
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts so veraltet und überholt, daß es
nicht der Mühe lohnt, auf alle die von Vasari und Sandrart ausgehenden,
durch Mariette, Orlandi, Knorr, Basan, v. Murr, Heinecken, Fiorillo,
v. Quandt und Waagen nacherzählten oder mißverständlich kommen-
tierten Anekdoten und Gerüchte nochmals zurückzukommen. Es scheint
mir erstrebenswerter, die Kunstgeschichte von diesem Ballast endgültig
zu befreien, als ihn immer wieder aus purer deutscher Gründlichkeit
aufzuwärmen.
Viel ist es ja nicht, was wir urkundlich über diesen Altmeister des
Kupferstichs und seinen eigentlichen Begründer im modernen Sinn
des Wortes wissen, aber immerhin doch etwas mehr als über seine
in den vier ersten Bänden dieses Werkes behandelten Vorläufer be-
kannt ist.
Martin Schongauer stammt aus einer Augsburger Patrizierfamilie.
Sein Vater, Caspar Schongauer übte in der schwäbischen Reichshaupt-
stadt das Goldschmiedgewerbe aus und erwarb 1445 das Bürgerrecht
in Colmar, wo Martin wahrscheinlich bald darauf geboren wurde.3
Sein Geburtsjahr früher anzusetzen, verbietet sich durch den Umstand,
daß der Vater damals erst die Erteilung des Bürgerrechtes nachsuchen
mußte, was bei längerer Ansässigkeit daselbst nicht erforderlich gewesen
sein würde.1 Der Name Martins findet sich urkundlich zuerst 1465 im
Matrikelbuch der Universität Leipzig.5 Aller Wahrscheinlichkeit nach
1 Martin Schongauer. Nachbildungen seiner Kupferstiche. V. außerordentliche Ver-
öffentlichung.
2 Bibliographie des ouvrages et articles de Martin Schongauer, Mathias Grünewald
et les peintures de l'ancienne Ecole allemande ä Colmar. Colmar 1903.
8 Vergl. Scheibler im Rep. VII. (1884) p. 33.
4 Vergl. E. Major, Die Stammtafel der Familie Schongauer. (Monatshefte f. K. XII.
[1919] p. 101.)
'•> Ob ein Martin Schongauer, der 1456 bereits den Zins für zwei Häuser in Colmar
zahlt, mit dem Stecher identisch ist, bleibt eine offene Frage. Wenn ja, so müßte er
erheblich früher als 1445 geboren sein und könnte füglich nicht erst gegen 1470 zu
stechen begonnen haben.
MARTIN SCHONGAUER
115 Kupferstiche, die ich 1914 im Rahmen der Graphischen Gesell-
schaft veröffentlichte.1
Die ältere Literatur über Schongauer, welche Andre Waltz in einer
sorgfältig gearbeiteten Bibliographie2 zusammengestellt hat, ist bis etwa
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts so veraltet und überholt, daß es
nicht der Mühe lohnt, auf alle die von Vasari und Sandrart ausgehenden,
durch Mariette, Orlandi, Knorr, Basan, v. Murr, Heinecken, Fiorillo,
v. Quandt und Waagen nacherzählten oder mißverständlich kommen-
tierten Anekdoten und Gerüchte nochmals zurückzukommen. Es scheint
mir erstrebenswerter, die Kunstgeschichte von diesem Ballast endgültig
zu befreien, als ihn immer wieder aus purer deutscher Gründlichkeit
aufzuwärmen.
Viel ist es ja nicht, was wir urkundlich über diesen Altmeister des
Kupferstichs und seinen eigentlichen Begründer im modernen Sinn
des Wortes wissen, aber immerhin doch etwas mehr als über seine
in den vier ersten Bänden dieses Werkes behandelten Vorläufer be-
kannt ist.
Martin Schongauer stammt aus einer Augsburger Patrizierfamilie.
Sein Vater, Caspar Schongauer übte in der schwäbischen Reichshaupt-
stadt das Goldschmiedgewerbe aus und erwarb 1445 das Bürgerrecht
in Colmar, wo Martin wahrscheinlich bald darauf geboren wurde.3
Sein Geburtsjahr früher anzusetzen, verbietet sich durch den Umstand,
daß der Vater damals erst die Erteilung des Bürgerrechtes nachsuchen
mußte, was bei längerer Ansässigkeit daselbst nicht erforderlich gewesen
sein würde.1 Der Name Martins findet sich urkundlich zuerst 1465 im
Matrikelbuch der Universität Leipzig.5 Aller Wahrscheinlichkeit nach
1 Martin Schongauer. Nachbildungen seiner Kupferstiche. V. außerordentliche Ver-
öffentlichung.
2 Bibliographie des ouvrages et articles de Martin Schongauer, Mathias Grünewald
et les peintures de l'ancienne Ecole allemande ä Colmar. Colmar 1903.
8 Vergl. Scheibler im Rep. VII. (1884) p. 33.
4 Vergl. E. Major, Die Stammtafel der Familie Schongauer. (Monatshefte f. K. XII.
[1919] p. 101.)
'•> Ob ein Martin Schongauer, der 1456 bereits den Zins für zwei Häuser in Colmar
zahlt, mit dem Stecher identisch ist, bleibt eine offene Frage. Wenn ja, so müßte er
erheblich früher als 1445 geboren sein und könnte füglich nicht erst gegen 1470 zu
stechen begonnen haben.