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MARTIN SCHONGAUER
einander gegenübergestanden haben. Es ergeben sich auf diese Weise sechs Paare,
nämlich:
1. Matthaeus und Simon Nr. 50 und 51,
2. Johannes und Andreas Nr. 45 und 43,
3. Judas Thaddaeus und Paulus Nr. 52 und 42,
4. Petrus und Bartholomaeus Nr. 41 und 49,
5. Jacobus minor und Jacobus major Nr. 47 und 44,
6. Philippus und Thomas Nr. 48 und 46.
Diese Anordnung hat wenig Wahrscheinliches für sich, denn sie wirft die Apostel in
einer Weise durcheinander, welche allen Regeln der Ikonographie widerspricht. In den
Folgen mit paarweiser Gruppierung der Zwölf pflegen Petrus und Andreas als Brüder,
Jacobus major und Johannes, Jacobus minor und Philippus nebeneinander zu stehen, i
Auch Simon und Judas Thaddaeus gehören als Brüder zusammen. Man wird aber niemals
Paulus neben Judas Thaddaeus oder Philippus neben Thomas finden, so wenig wie Petrus
neben Bartholomaeus.
Das Typische an der Folge, meint Wendland, ist die große Zartheit der Auffassung.
Er findet besonders beim Bartholomaeus Nr. 49 in der Bildung des Kopfes, dem Greifen
der Hände, der Art, wie der Rückenkontur gezogen ist, etwas Feines und Bedachtes,
das sich in anderen Blättern, wie beim Philippus Nr. 48 und Jacobus major Nr. 44, sogar
bis zu einer mit dem Stoff in Widerspruch stehenden Zierlichkeit steigert. Die Figuren,
meint er, sind nicht mehr leicht bewegt, sie tänzeln schon und in den Gesten ist öfters
ein ähnlicher Geist zu spüren.2 Für die beiden schönsten hält er mit Recht Matthaeus
und Simon Nr. 50 und 51, und er vergleicht das Motiv der rechten Hand des ersteren
mit dem derselben Hand beim Pilatus auf der Schaustellung Christi Nr. 25. Dies Blatt
zeige zugleich, wieviel klarer, einfacher und ausdrucksvoller Schongauer geworden sei.
Die Hand ist sicherer und der Strich eleganter geworden als bei der Passionsfolge, wie
ein Vergleich des Petrus-Kopfes auf Nr. 41 mit jenem auf Nr. 19 und 20 beweist.
Auf die Benutzung der Folge oder richtiger einer Anzahl der Apostel auf dem Tauf-
stein von 1481 im Wiener Slephansdom hat zuerst A. Schmid hingewiesen.3 Der nach
Seidlitz späteste Stich, Jacobus major Nr. 44, fehlt daselbst unter den sieben nach
Schongauer kopierten Aposteln. Wendland betont aber meines Erachtens mit Recht, daß
Schongauers Stiche, da das Taufbecken schon vom März 1481 datiert ist, bei der großen
Entfernung von Colmar kaum noch in demselben Jahre entstanden sein können, also
spätestens 1480 anzusetzen sind, wahrscheinlich aber noch früher.
MÄNNLICHE HEILIGE
53 ST. ANTONIUS
Der Heilige mit einer Kappe auf dem langbärtigen Haupt steht in
Schuhen und Mantel, von vorn gesehen, auf flachem Boden. Er hält ein
i So beim Meister °(£ •/Ä>° L. 94-99, 197 und 198.
- Vergl. Wölfflins treffliche Charakteristik auf S. 17 seines Dürer-Buches.
3 Rep. XV. (1892) p. 24.
MARTIN SCHONGAUER
einander gegenübergestanden haben. Es ergeben sich auf diese Weise sechs Paare,
nämlich:
1. Matthaeus und Simon Nr. 50 und 51,
2. Johannes und Andreas Nr. 45 und 43,
3. Judas Thaddaeus und Paulus Nr. 52 und 42,
4. Petrus und Bartholomaeus Nr. 41 und 49,
5. Jacobus minor und Jacobus major Nr. 47 und 44,
6. Philippus und Thomas Nr. 48 und 46.
Diese Anordnung hat wenig Wahrscheinliches für sich, denn sie wirft die Apostel in
einer Weise durcheinander, welche allen Regeln der Ikonographie widerspricht. In den
Folgen mit paarweiser Gruppierung der Zwölf pflegen Petrus und Andreas als Brüder,
Jacobus major und Johannes, Jacobus minor und Philippus nebeneinander zu stehen, i
Auch Simon und Judas Thaddaeus gehören als Brüder zusammen. Man wird aber niemals
Paulus neben Judas Thaddaeus oder Philippus neben Thomas finden, so wenig wie Petrus
neben Bartholomaeus.
Das Typische an der Folge, meint Wendland, ist die große Zartheit der Auffassung.
Er findet besonders beim Bartholomaeus Nr. 49 in der Bildung des Kopfes, dem Greifen
der Hände, der Art, wie der Rückenkontur gezogen ist, etwas Feines und Bedachtes,
das sich in anderen Blättern, wie beim Philippus Nr. 48 und Jacobus major Nr. 44, sogar
bis zu einer mit dem Stoff in Widerspruch stehenden Zierlichkeit steigert. Die Figuren,
meint er, sind nicht mehr leicht bewegt, sie tänzeln schon und in den Gesten ist öfters
ein ähnlicher Geist zu spüren.2 Für die beiden schönsten hält er mit Recht Matthaeus
und Simon Nr. 50 und 51, und er vergleicht das Motiv der rechten Hand des ersteren
mit dem derselben Hand beim Pilatus auf der Schaustellung Christi Nr. 25. Dies Blatt
zeige zugleich, wieviel klarer, einfacher und ausdrucksvoller Schongauer geworden sei.
Die Hand ist sicherer und der Strich eleganter geworden als bei der Passionsfolge, wie
ein Vergleich des Petrus-Kopfes auf Nr. 41 mit jenem auf Nr. 19 und 20 beweist.
Auf die Benutzung der Folge oder richtiger einer Anzahl der Apostel auf dem Tauf-
stein von 1481 im Wiener Slephansdom hat zuerst A. Schmid hingewiesen.3 Der nach
Seidlitz späteste Stich, Jacobus major Nr. 44, fehlt daselbst unter den sieben nach
Schongauer kopierten Aposteln. Wendland betont aber meines Erachtens mit Recht, daß
Schongauers Stiche, da das Taufbecken schon vom März 1481 datiert ist, bei der großen
Entfernung von Colmar kaum noch in demselben Jahre entstanden sein können, also
spätestens 1480 anzusetzen sind, wahrscheinlich aber noch früher.
MÄNNLICHE HEILIGE
53 ST. ANTONIUS
Der Heilige mit einer Kappe auf dem langbärtigen Haupt steht in
Schuhen und Mantel, von vorn gesehen, auf flachem Boden. Er hält ein
i So beim Meister °(£ •/Ä>° L. 94-99, 197 und 198.
- Vergl. Wölfflins treffliche Charakteristik auf S. 17 seines Dürer-Buches.
3 Rep. XV. (1892) p. 24.