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geringsten Gedanken und Meynungen, müssen/ na ch Maaß-
gebung des einmal angenommenen Karakters / genau ge-
gen einander abgewogen seyn , und jene müssen nie mehr
hervorbringen, als sie nach der strengsten Wahrheit Her-
vorbringen können. Der Dichter kann die Kunst be-
sitzen/ uns / durch Schönheiten des Detail/ über Miß-
verhältnisse dieser Art zu tauschen ; aber er täuscht uns
nur einmal, und sobald wir wieder kalt werden / neh-
men wir den Beyfall/ den er uns abgelanschet hat, zu-
rück. Dieses auf die vierte Scene des dritten Akts ange-
wendet / wird man finden / daß die Reden und das Be-
tragen der Sophronia die Clorinde zwar zum Mitleiden
hätte bewegen können / aber viel zu unvermögend sind,
Bekehrung an einer Person zu wirken/ die gar keine An-
lage zum Enthusiasmus hat. Beym Lasso nimmt Clorinde
auch das Christenthum an; aber in ihrer letzten Stunde;
aber erst/ nachdem sie kurz zuvor erfahren, daß ihre Ael-
tern diesem Glauben zugethan gewesen : feine / erhebliche
Umstände/ durch welche die Wirkung einer höhern Macht
in die Reihe natürlicher Begebenheiten gleichsam mitein-
geflochten wird. Niemand hat es besser verstanden, wie
weit man in diesem Stucke auf dem Theater gehen dürfe,
als Voltaire. Nachdem die empfindliche, edle Seele des
Zamor, durch Veyspiel und Bitten, durch Großmuth und
Ermahnungen bestürmet, und bis in das Innerste erschüt-
tert worden, läßt er ihn doch die Wahrheit der Religion,
an deren Bekennen: er so viel Großes sieht, mehr vermu-
then, als glauben. Und vielleicht würde Voltaire auch
diese Vermuthung unterdrückt haben, wenn nicht zur
Beruhigung des Zuschauers etwas hatte geschehen müssen-.
Selbst der Polyeukt des Corneille ist, in Absicht auf
beyde Anmerkungen, tadelhaft; und wenn es seine Nach-
ühmungen immer mehr geworden sind, so dürste die erste
 
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