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gen, daß sein Vater Polydor Heissei Ob es sein Vater oder
sein Freund war/ der so hieße / und ihn vor Messens warn-
te/ das nimmt einander nicht viel. Genug, daß Merope,
ohne alle Widerrede / das für wahrscheinlicher halten muß /
was der Tyrann von ihm glaubet, da sie weiß, daß er ih-
rem Sohne so lange, so eifrig nachgestellt, als das, was
sie aus der bloßen Uebereinstimmung eines Namens schlies-
sen könnte. Freylich, wenn sie wüßte, daß die Meynung
des Tyrannen, Aegisth sey der Mörder ihres Sohnes, auf
weiter nichts als ihre eigene Vermuthung gründe: so wä-
re es etwas anders. Aber dieses weiß sie nicht; vielmehr
hat sie allen Grund zu glauben, daß er seiner Sache werde
gewiß seyn. — Es versteht sich, daß ich das, was man
zur Noth entschuldigen kann, darum nicht für schön aus-
gebe ; der Poet batte unstreitig seine Anlage viel feiner
machen können. Sondern ich will nur sagen , daß auch
so, wie er sie gemacht hat, Merope noch immer nicht oh-
ne zureichenden Grund handelt; und daß es gar wohl
möglich und wahrscheinlich ist, daß Merope in ihrem Vor-
sätze der Rache verharren, und bey der ersten Gelegenheit
einen neuen Versuch, sie zu vollziehen, wagen können.
Worüber ich mich also beleidiget finden möchte, wäre
nicht dieses, daß sie zum zweyten male, ihren Sohn als
Len Mörder ihres Sohnes zu ermorden, kömmt: sondern
dieses, daß sie zum zweyten male durch einen glücklichen
ungefehren Zufall daran verhindert wird. Ich würde es
dem Dichter verzeihen, wenn er Mcropen auch nicht ei-
gentlich nach den Gründen der größten Wahrscheinlichkeit
sich bestimmen ließe; denn die Leidenschaft, in der sie ist,
könnte auch den Gründen der schwacher« das Uebergewicht
ertheilen. Aber das kann ich ihm nicht verzeihen , daß er
sich so viel Fveyheit mit dem Zufalle nimmt, und mit dem
Wunderbaren desselben so verschwenderisch ist, als mit
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gen, daß sein Vater Polydor Heissei Ob es sein Vater oder
sein Freund war/ der so hieße / und ihn vor Messens warn-
te/ das nimmt einander nicht viel. Genug, daß Merope,
ohne alle Widerrede / das für wahrscheinlicher halten muß /
was der Tyrann von ihm glaubet, da sie weiß, daß er ih-
rem Sohne so lange, so eifrig nachgestellt, als das, was
sie aus der bloßen Uebereinstimmung eines Namens schlies-
sen könnte. Freylich, wenn sie wüßte, daß die Meynung
des Tyrannen, Aegisth sey der Mörder ihres Sohnes, auf
weiter nichts als ihre eigene Vermuthung gründe: so wä-
re es etwas anders. Aber dieses weiß sie nicht; vielmehr
hat sie allen Grund zu glauben, daß er seiner Sache werde
gewiß seyn. — Es versteht sich, daß ich das, was man
zur Noth entschuldigen kann, darum nicht für schön aus-
gebe ; der Poet batte unstreitig seine Anlage viel feiner
machen können. Sondern ich will nur sagen , daß auch
so, wie er sie gemacht hat, Merope noch immer nicht oh-
ne zureichenden Grund handelt; und daß es gar wohl
möglich und wahrscheinlich ist, daß Merope in ihrem Vor-
sätze der Rache verharren, und bey der ersten Gelegenheit
einen neuen Versuch, sie zu vollziehen, wagen können.
Worüber ich mich also beleidiget finden möchte, wäre
nicht dieses, daß sie zum zweyten male, ihren Sohn als
Len Mörder ihres Sohnes zu ermorden, kömmt: sondern
dieses, daß sie zum zweyten male durch einen glücklichen
ungefehren Zufall daran verhindert wird. Ich würde es
dem Dichter verzeihen, wenn er Mcropen auch nicht ei-
gentlich nach den Gründen der größten Wahrscheinlichkeit
sich bestimmen ließe; denn die Leidenschaft, in der sie ist,
könnte auch den Gründen der schwacher« das Uebergewicht
ertheilen. Aber das kann ich ihm nicht verzeihen , daß er
sich so viel Fveyheit mit dem Zufalle nimmt, und mit dem
Wunderbaren desselben so verschwenderisch ist, als mit
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