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Teoerkooer Lhronlk

llnfer Soldakenhelm.

Am 13. Februar feierte daS Soldatenhelm des Jnfante-
rie-Lagers sein dreijähriges Bcstehen. Nur einc kleine Fcier
wurde zu der gewohnten Abendstunde veranstaltet, in deren
Mittelpunkt ein Nückblick auf die Ceschichte des Heims ftand.

Zu Beginn dcs deutschcn Lagerlebens in Beverloo stellre
rS sich als ein schr empsindlicher Mange! heraus, daß den
Mannschaften für die freicn Ctunden so gut wie gar kerne
Unterhaltung und AnregunA geboten werden konnte. Wer
nicht in dcn vier kahlen Wanden seiner Baracke den langcn
Abend zubringen wollte, war auf oie mehr als zweisclhafien
belgischen Kneipen d-'r .»ahen Marketenderstadt angewiesen.

Tarum nahm bcreits im Januar 1915 der Garnisonpsar-
rer Fühlung mit de. Nationalvereinigung der evgl. Iünglings-
dündnisie in Teutschland, die kurz vorhcr in Lüttich das erste
Soldatenheim in Fcindcsland ausgctan hatten. lLern wollte
man helfen und ging soglcich ans Werk. Und von allcn Sci-
ten wuchsen fortan dem entstehenden Heim hclfende Kräfte. jo
dast es schon am 13. Fcbruar cröfsnet werden konnte. Es war
damals nock» in dem eyemaligen oelgischen Kasino V 3, in dem
sich heute die Messr de- ^fsizier.SreUvcrtreter befindet.

Tic ersten rt-lfangssorgcn waren bald überstandcn, denn
über Erwarte- groß wa' täglich der Besuch. Ünd wcr oon
den alten Bevcrloocrn ' nk* nicht gerne uoch zurück an jene
Zeitcn, da es noch für gan. wenigeS Eeld die herrlichsken
Etücke Kuchcn od^r ne l.mch Portion Kartosfelsalat nut
wirklichen, eclsten K..ackwürslchen gab? Nirgendwo gab es
lonst eine Bücherei, kaum waren überhaupt aujzer dem Düssel-
oorser lLencralanzeig«.r Zeitungen zu haben: hier im Heim
ader gabs das nun auf ernmal. Bald lvurden auch Vortrage
chalten und sammelten sich die ernsteren Elemente zu persön-
ichen Aussprachen.

Eine besondere Freude war e§. als der General-Gouver-
rrcur E^z. v. Bissing bei seincm erstcn Besuch im Lager auch
durch die Räume des Heimes ging und scin besonderes Ge-
falten an dieser Einrichtung aussprach. Als eine Frucht dieser
Etunde dars man es wohl ansehen, wenn bald darauf ?in
Erlaß herauskam, der die Einrichtung von Sokdatcnhcimcn an
ollen Standorten in Belgicn dringcnd empsahl. Nun ging
diejes Wcrk unaufhaltsam vorwärts und über die Grenze
Bclgiens hinaus regte es stch überall. Heute ist keine Frent
mehr da, kein besetztes Gebiet, wo nicht auch mit treusorgendcr
Hand und liebevoller Hingebung Heime eingerichtet und aus-
gcschmückt stnd.

Auf der Veverlooer Heide.

Fast fühlt man sich in die Augusttage des Jahres 1914
zurückversetzt, wenn man jetzt einmal über die Bcvcrlooer
Heide schrcitet. Junge kräftige Eermanengestalten aus allcn
Teilen unseres geliebten Vaterlandes tummeln sich dort, um
stch mit dcm rauhcn Kriegshandwerk vertraut zu machen.

Man sieht, es wird mit Lust uud Liebe gcarbeitet, den
iungen Louten leuchten die Augen> wenn alles klappt und
oas wohlverdiente Lob des Vorgesetzten nicht ausüleibt. Nicht
jedem fällt der stramme Exerzierdienst lcicht und so mancher
muß verdammt die Zähne zusammenbeißen, um nicht abzu-
falleu. Umsomehr muß man Lewundern, was in verhält-
nismäßig kurzer Zcit gelcistet wird.

Jch' habe Griffe gesehen, wie sie eine aktive Friedens-
Komjiagnie nicht besser gemacht hätte und der andere Exer-
zierdienst steht dem nicht nach. Ganz besonders aber zeigt
fich die Gewandtheit der Jugend beim Gefechtsdienst. Hci,
was sind das für flotte Sprünge! Unser größtenteils kriegs-
beschädigtes AusbildunbZpersonal muß sich sehr zusammen-
riehmen, um nicht zurückzubleiben. Wie die Katzen kriechen
die fixen Burschen von Trichtcr zu Trichter, denn sie haben
gelernt, daß Geländeausnützung die Hauptsache ift.

Aehnlich spielt sich der andere Dienst ab, fei eS nn
Schützengraben, beim Pionierdienst, an der Hindcrnisbahn
oder veim Fechten, überall fröhliche Gestchter.

Aber auch bei den Vorgesetzten steht man das Jnteresse, der

r

Kompagnie-Führer, die Zugführer, daS AuSbildunaS-Perfo.
nal, üe alle kennen das schbne Gefühl, sich beim AbtranS.
port der Mannfchaften sagen zu können, die Leute kannst dn
ruhig ins Feld ziehen lasten, die haben etwas gelernt und
werden dem Vaterland Ehre machen! So manchcr aber von
den Vorgesctzten wird den Wunsch haben, gerade mit diesen
lieben Fcldarauen, die er auSgebildet hat, und die ihm anS
Herz gewachsen sind, wicder on die Front zu ziehen.

Mit welchen wehmütigen Gefühlen muß doch daS durch
England vcrbkendet? belgische Volk unsere mit klingendem
Sprel oder mit Gesang einrückenden 5^ ^mpagnren betrach.
ten, sie können nrcht singen wie wir: „Lieb Vaterland magst
ruhig sern!"

Aeldkosk.

Der Zufriedene und der Nörgler.

Tre Tasel ist noch naß, und die mit Krcide geschviebene
Speisenfolge nur schwach sichtbar, da steht schon ein, zwar
etwas blcrsser, aber sonst fröhlicher Feldgrauer und lrest mit
sichtlicher Freude: „Kartoffeln, Rindfleisch, Flocken!" Der
Mund ist leicht geöfsnct, die Augen glänzen und schmatzend
bewegt cr die Zunge, als wenn er schon jetzt, 8 Uhr morgens,
den uoch im Entstehen begrisscnen Fleischbrei, lcingsam, mit
tiefstem Wohlbchagen, über die Zunge gleiten laßt; pfeifend
springt er davon und geht fröhlich zum Ticnst. Mit einem
zusricdenen Geficht wird er seine Sbliegenheitcn verrichten,
uud von Zeit zu Zeit an die schwarze Kücheutafel denken:
„Heute gibt's Rindslcisch, schöne Haferflocken mit Kartofselnl
und abcnds kann ich zu meinem Brot ein Stück Wurst esien;"
er ist zusriedcn und läßt sich seine Freude uicht nehmen durch
die mürrischen, unzusriedenen Gcsicbter zweicr Leute, die auch
schon hei^te in dcr Frühe, aus altcr Gewohnheit, um doch
neuen Stosf zum Schimpsen zu haben, der Cpeiscntafel einen
Vesuch abstatteten. „So'n Saufraß", so ziehen sie brummend
ab, und brummend wie ihre Morte ist auch ihr Gcsicht, ja, ihr
ganzes Wesen und Benehmen spiegelt sich wieder in diesen
ewig norgelnden Worten.

Tann mitlags beim Cmpfang: Vor Ilngcduld trippelnd,
immcr den Blick auf den dampsenden Kessel gcrichtet, mit
bcioen Händcn seinen Eßnapf haltcnd, kommt dcr zusriedene
Mann daher, ein dankbarer Blick fällt auf den ansteilenden
Koch, ein zweiter in den noch vollcn Kessel und cinen ganz
kurzen Augenblick scheint er zu zögern, als wollte er sich an
dem Anblick des vollen Kcssels satt sehen, dann geht er weitcr,
glücklich und zufricden und an der jetzt troünen Küchentasel
leuchtct im schönsten Sonnenschein: „90 Gramm Wurst"; die
wcrden ihm den Nachmittagsdienst leicht machen; und dann
noch: „was sollte cs wohl morgen geben?"

Tie linke Hand in dcr Hosentasche, mit abgewandtem
Gesicht und verzogcncr Lippe steht der Nörgler am großen
Kessel; cr will zum Ausdruck bringen, wie wcnig cr sich aus
dem heutigen Saufraß macht; bci dem Hinausgehen mustert
cr dic Küche, ob nicht in einem Winkel noch cin Ctück Braten
liegt, dcnn für ihn ist es eine abgemachte Sache, daß die
Küchcnmannschaften das ganze Fleisch sür sich behalten;
draußcn fallen dann noch einige boshaste Acußerungen und
jcder gesüllte Loffel wird schimpfend zum Munde geführt;
gerade dieser Mann ist dann aber der erste, dcr sich einen
„zweiten Zug" holt, trotz des „Saufraßes!" Gewiß bekommen
wir keine dicken Erbsen mit übcrgcgossener Spccktunke mehr,
auch die Sonntagsbraten sind vom „Militärspeise"-Zette! ge-
strichen; es würdcn sich aber auch dann Nörgler finden, die
dcn schönsten Braten als „alte Kuh" bezeichnen. Geschimpst
wurde schon immcr, selbst bei der abwechslungsreichen Speisen-
folge in der aktiven Dienstzeit; aber damals und heute! Die
Lebensmiltel wurden in Wagenladungen angeliefert. DamalS
 
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