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Zweites Kaxitel.

Aufmerksamkeit für alle diejenigen war, die mit ihrer geistigen Kraft die
Blüthe der neuen Hochschule zu fördern suchten, brachten ihn bald mit al?
den Männern in lebendige Berührnng, die theils von dem seine jugend-
liche Stiftung mit Vorliebe pflegenden Fürsten berufen, theils aus freiem
Antriebe in Wittenberg ihren Wohnsitz nahmen und ihren Namen mit der
ersten Geschichte der neuen Pflanzstütte der Wisfenschaft und des Lichtes
verknüpften. Der Churfürst hatte in Wittenberg nicht bloß eine Universität
begründet, sondern sich auch ein Schloß eingerichtet, das neben Weimar,
Torgau, Altenburg, Lochau u. s. w. bald zu den hauptsächlichsten Orten
seiner Lande gehörte, wo er gern Hof hielt und die patriarchalische Ge-
müthlichkeit, wodurch er das Gedeihen seiner Stiftung durch häufige An-
wesenheit namentlich in den ersten Jahren größerer politischer Ruhe über-
wachte, brachte natürlich die Lehrer der Universität nicht bloß mit ihm
selber, sondern auch mit allen Personen, die ihm nüher standen, in rege
fortdauernde Verbindung. War doch der erste Rector der neuen Hochschule,
Martin Pollich von Mellerstädt selber, als Leibarzt und Wallfahrtsgenosse
des Churfürsten, unmittelbar aus dessen nächster Umgebung hervorgegangen,
und mochte wohl vor allen trefflich geeignet sein, das Band zwischen dem
Fürstenhause, der Akademie nnd dem bürgerlichen Leben der Stadt recht
innig zu verknüpsen, indem er nicht bloß den theologischen Vorlesungen
und Disputationen der Akademie vorstand, sondern auch im politischen
Rathe des Hofes wirkte und den Kranken mit thätiger Hilfe zur Hand
blieb. Zwischen der Akademie und einzelnen Gliedern der Bürgerschaft
knüpfte sich noch außerdem ein engeres Band durch den Umstand, daß nur
wenige Professoren jener Zeit im ehelichen Stande lebten und deshalb mehr
darauf angewiesen waren, sich den Bürgern als Hausfreunde oder Tisch-
genossen anzuschließen. Wittenberg war zwar die churfürstliche Metropole
und hatte sich seit dem 12. Jahrhundert mancherlei seine Entwickelung
fördernder städtischer Vorrechte erfreut, aber die Wettiner waren den alten
Schlössern ihres Stammes mit überwiegender Vorliebe zngethan geblieben
und hatten das askanische Residenzschloß Wittenberg's verfallen lassen.
Was Friedrich der Weise durch den Neubau des Schlosses, der Schloß-
kirche und schließlich durch Begründung der Universität für die Stadt ge-
than hatte, vermochte nicht mit einmal die Verhültnisse zu ündern. Sie
mußte von den Vortheilen, welche die Aufmerksamkeit des Fürsten ihr zu-
gewendet hatte, ihre Blüthe erwarten, konnte aber, zum Sitze eines mächtigen
Fürsten und zur Pflanzstätte eines neuen geistigen Lebens erwählt, diesen
vielversprechenden Vortheilen an sich selbst so wenig fördernde Elemente
entgegenbringen, daß es nicht ganz ungerechtfertigt erscheint, wenn man
 
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