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Lranach's künstlerische Lhätigkeit in Wittenberg.

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übernehmen und zn üefern verpflichtet war, so war sie jedenfalls schon
hinreichend in Anspruch genommen; es lassen sich auch außer jenen
Wittenberger leider untergegangenen drei Bildern und seinem erwähnten
Madonnenbilde in der Galerie Sciara wenig unbestreitbar echte Bilder
nachweisen, die jener Zeit ihre Entstehung verdanken; nur ein einziges
Bild mit der Jahreszahl 1503 findet sich noch unter den Werken
Cranach's aus dieser Zeit erwähnt. Es ist eine Darstellung der tra-
gischen Liebe der schönen Babylonierin Thispe und des Pyramus, ein
Gegenstand, an welchem Cranach mehr als einmal sich versucht zu haben
scheint, da außer dem obigen, das sich ehemals in Frankfurt a. M. be-
fand, zwei bis drei andere Bilder gleichen Gegenstandes ohne Jahreszahl
zu Cranach's Werken gerechnet werden. Dagegen begann Cranach, nach-
dem er in Wittenberg einen sesten Aufenthalt gewonnen hatte, auch noch
auf einem anderen Felde der Kunst eine besondere Thütigkeit zu üben. —
Die alte Formschneidekunst, deren Ursprnng sich in die fernste Ver-
gangenheit verliersi fand wohl zunüchst in Deutschland angeblich ihre erste
vervielfültigende Verwendnng bei der Verfertigung der Spixlkarten und
erhob sich dann von der Darstellung kunstloser Kartenfiguren zur Dar-
stellnng oder Reproduction von biblischen Gegenständen oder Heiligen-
bildern? Jndem die Kartenmacher von Augsburg, Ulm und Nürnberg
zu Anfang des 15. Jahrhunderts die Welt mit Spielkarten überschwemmten,
singen die Mönche wahrscheinlich bald nachher an, der mehr und mehr
um sich greifenden Verbreitung der verderblichen Spielkarten gegenüber die
Holzschneidekunst zur Verbreitung von Heiligenbildern zu verwenden oder
verwenden zu lassen, und dieselben zur Förderung der Frömmigkeit unter
die Laien zu vertheilen und dadurch gewissermaßen der Schlange selbst
ein Gegengift ihres Bisses zu enttehnen. Jn Folge dessen hat man auch,
wie man annimmt, daß die Deutschen die ersten gewesen seien, welche
Spielkarten durch Holzschnitt erzeugten und somit in der billigsten Form
verbreiteten, die frühesten und umfänglichsten Spuren einer Anwendung
der Holzschneidekunst für Heiligenbilder u. dergl. gerade in denjenigen
Theilen Deutschlands aufgefunden, wo das Geschüft der Holzschneider als
Kartenmacher zuerst und vorzugsweise vorkommt. Jn dem ehemaligen Kar-
thäuserkloster Buxheim, das zwischen Augsbnrg, Ulm nnd Nürnberg ziemlich
mitten in liegt, in welchen Stüdten von 1418 an zuerst derartige Karten-

^ Vgl. u. a. Heinecke: Ictes Asuarats ä' uus eolteotiou ooiupwtts ct' 6stg.iup68.
S. 245 ff. Spielkarten werden zuerst um 1384 in dem altesten nürnberger Gesetz-,
Polizei- und Pflichtbnche erwähnt. Aretin: Beiträge zur Geschichte und Literatnr, V,
S. 303 ff. u. a. m.
 
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