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Zweiter Abschnitt. Drittes Aapitel.

deren Poliük und Charakter gewachsen: und ohne seinen Muth, seine
Selbständigkeit und seine Zuversicht auf die eigene Kraft zu verleugnen,
ging er wirklich noch einmal nach Lichtenberg, um sich, „weil er auch an-
dere bedenken mußte," noch einmal den Vermittelungsversuchen des uner-
müdlichen Miltitz zu unterwerfen. Die Folge jener Unterredung in Lichten-
berg war jener denkwürdige letzte Brief Luther's an den Papst, den er aus
die Bitte des Karl von Miltitz um 15 Tage vor der Publication der Bulle
zurückdatirte, um dieselbe und ihre Wirkung in diesem Schreiben ignoriren
zn können, mit welchem er gewissermaßen seinem Fürsten, seinen Rath-
gebern und Freunden und wohl anch seiner eigenen Ruhe und Nachgiebig-
keit das letzte Opfer brachte, wahrend er zugleich durch den Jnhalt dieses
Briefes sich selber mit einer aus schweren inneren und äußeren Kümpfen
gewonnenen stählernen Entschlossenheit die eigene völlige innere Befreiung
vom Pabste und seiner Kirche zugestand. Und nun erst, nachdem er sich
gegen den inncren Drang noch einmal den Zwang scheinbarer Denmth und
Müßignng auferlegt, wendet er sich mit sreierer Brnst und freierer Stirn
gegen den nächsten ärgsten Feind, gegen Eck nnd die Bulle, bis das Vor-
gehen der Städte Antwerpen, Löwen, Mainz, Cöln und Jngolstadt, wo
man dem Jnhalt der Bulle gemüß seine Bücher verbrannt hatte, ihn zu
jenem kühnen Schritte veranlaßte, womit er seine innere Befreiung von
Rom für immer besiegelte und für sich und seine Frennde die letzte
Brücke zur Rückkehr abbrach. Selbst der Wittenberger Rath hatte
sich in Bezug auf Luther nnd die ihm durch den Bann „drohende
Beschwerung" an die churfürstlichen Räthe, an Fabian v. Feilitzsch
und die übrigen, die während der Abwesenheit des Churfürsten
die Statthalterschaft führten, gewendet, nm Verhaltungsbefehle einznholen.
Diese wendeten sich wiederum an die Rüthe der Universität, Hennig, Wols-
gang Stehlin, Hieronymus Schnrf und Christian Baier, mit dem Ersuchen,
zn erwägen, was in diesem Falle dem Wittenberger Rath auf sein Schreiben
sür Antwort gegeben werden sollte. Aber ehe all dies durch eine maß-
gebende Erledignng oder eine chnrsürstliche Entscheidung sich gelichtet hatte,
entschied Luther selber durch seine kühne That vor dem Wittenberger Elster-
thore am 10. December 1520, indern er im Beisein einer großen Anzahl von
Lehrern, Studenten und Bürgern, Leo's Verdammungsbulle in die Flammen
warf. Hätte es auch nach allem, was Luther seither durch seine Schriften
und sein Wirken und, in Bezug auf die päpstliche Bulle, besonders durch
seine Schrift „gegen des AntichrisÜs fluchwürdige Bulle"^ kundgegeben

i ^eiversns 6x86tN'kwil6lli ^ntieiiiisti kuiiÄiii (4. Nvv. 1520), lateinisch und deutsch.
 
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