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Aweiter Abschnitt. Diertes Aapitel.

Cardinals und Erzbischofs Albrecht von Mainz erschien. Der Cranach'sche
Knpserstich gteicht aber weniger dem Dürer'schen Kupferstich, sondern vor
allent dem vorzüglichem Cranach'schen Porträt des Cardinals im Museum
ztl Berlin vom Jahre 1527 (s. weiter unten). Die Hallische Stiftskirche
war im Jahre 1518 von dem Erzbischos Albrecht erbaut und mit einer
kostbaren Sammlnng von Alterthümern und Reliquien ausgestattet worden;
sie sollte in dieser Beziehung gleichsam eine Rivalin der Wittenberger
Stiftskirche werden. Wir erfahren aus der Beschreibung ihrer Heiligthümer,
daß sie u. a. sogar ein Partickel von der damascenischen Erde, woraus
Adam erschaffen, Stücke von der Arche Noä, von dem Hemde, welches
Maria bei der Geburt des Christkindes getragen, und 17 Körper von den
11,000 Jnngsrauen besessen haben, und daß diese Reliquien, die am 8. Sep-
tember in der Moritzkirche gezeigt wurden, kraft einer Bulle Leo's X. den gläu-
bigen Betern und Geldspendern einen Ablaß von zusammen 39,245,126 Jahren
ilnd 220 Tagen gewähren konnten. Freitich war die Wittenberger Stifts-
kirche, nachdem an ihrer Pforte Luther's Hammerschläge erdröhnt waren,
nicht inehr berufen, auf solchem Gebiete sich den Vorrang zu wahren und
die Entschiedenheit, womit sich Luther alsbald gegen den neuen „hallischen
Götzen" mit Schrift und Wort erhob, ist Beweis genug, daß die Witten-
berger ablaßspendenden Reliquienschätze dem Kampse gegen das neue
Glaubenslicht bereits entsagt hatten, obgleich bis jetzt der Kamps gegen die
Jrrthümer und Mißbrüuche der Kirche gewissermaßen nur ein theoretischer
gewesen war und, trotz aller gegen diese Jrrthümer eifernden Schriften und
Predigten, allenthalben, wo Lnther's Lehre begeisterte Anhänger gefnnden
hatte, selbst mitten in Wittenberg, in Betreff des Aeußeren des Gottes-
dienstes, der Klöster, Stifter, Wallfahrten u. s. w. noch fast alles beim
Alten gelassen hatte. Es war eine klug und bedachtsam zurückhaltende
Mäßigung, welcher in dieser Beziehung die Häupter der neuen Partei,
trotz mancher schroff hervortretenden Jneonsequenz, gefolgt waren; das Volk
hütte mit seinen Gewohnheiten nicht in derselben Weise die Kluft über-
schreiten können, wie der Mann, der sie mit der Entschlossenheit seiner
geistigen Kraft geschaffen hatte; und als das Volk bald nachher, während
die weise zügelnde Hand ihm auf kurze Zeit entrückt war oder gefesselt zu
sein schien, mit kühnen und ungestümen Veründerungen in die üußere
Organisation der gottesdienstlichen Gebrüuche einzugreifen suchte, drohte es
die Vortheile zu vernichten, welche die Reformation offenbar der nach
dieser Richtung hin seither geübten Müßigung verdankte. Geldbedürftig,
war der jugendliche Erzbischof von Mainz durch den von ihm ausgehen-
den Tetzel'schen Ablaßhandel gewissermaßen der negative Urheber der Refor-
 
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