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Die „?Ä8sio Oiieisti et Xntieüri^ti".

175

Bilderschrist oder zu der Stimmung und Anschauung, welche sie hervorrief,
gaben die Wittenberger Studenten zu Fastnacht desselben Jahres (1521).
Luther schreibt darüber Sonntag nach Jnvocavit an Spalatin: „Unsere
Jugend hat diese Fastnacht den angekleideten Pabst aus einem Throne
und mit großem Gepränge in ihren Possen gar seltsam herumgetragen,
und als sie endlich beim Bache am Markte gethan, als ob sie ihn hinein
werfen wollen, haben sie ihn flüchtig mit Cardinälen, Bischöfen und seinen
Bedienten in verschiedene Gegenden der Stadt zerstreut und versolgt,
welches keine unartige nnd dumme Erfindung ist. Denn der Feind Christi
ist solchen Spott werth, der die höchsten Könige, ja Christi selbst gespottet
hat. Solche Geschichte oder Begebenheit wird nnn in gelehrten Versen
gedruckt." i Auch Luther's Gegner bedienten sich in ihrem erbitterten Kampfe
nicht bloß der Presse, sondern in gleicher Weise beißender Spott- und
Hohnbilder, sür welche dem ihnen dienenden Künstler freilich kein so
mannigsaltiger Stoff geboten zu sein schien wie irgend welchem Künstler
der anderen Partei. So giebt es einen großen Holzschnitt vom Jahre
1521, der einen Mönch darstellt, dessen Kopf einen Dudelsack bildet und
in dessen Ohr der Teufel als Sackpfeifer bläst, indem er mit den Fingern
die zu einer Clarinette verlängerte Nase bearbeitet. - Derselbe erschien
wahrscheinlich nach Luther's Auftreten auf dem Reichstage zu Worms, denn
der Kopf des Mönchs hat große Aehnlichkeit mit einem wirklichen Portrüt
Luther's, das angeblich von Hans Baldung Grien, aber wahrscheinlich nur
eine Kopie nach einem Cranach'schen Holzschnitte, zu einer Schrist gehört,
die bald nach den Wormser Ereignissen 1521 erschien, und das dann später

citirt, auch selbst dem Grafen Montalembert, der 1836 eine Lebensgeschichte der heil.
Elisabeth schrieb, unbekannt geblieben. Von wem die Holzschnitte sind, ist zweifelhast.

^ S. Walch, XXI, S. 748. Jn dem Handschriftenzimmer der königl. Bibliothek
zu Dresden befindet sich ein in einem schlichten Holzrahmen gefaßter seltcner Holz-
schnitt in kl. Folio, der aus Luther's Wohnzimmer in Wittenberg stammen soll. Er
zeigt den Papst mit einem Schwerte, wie er dem vor ihm knienden Kaiser den Kopf
abschlägt nnd ist mit einer Ueber- und Unterschrift von Luther's Hand versehen:
oberhalb steht: „knpu UAit AratiÄ8 0a68uridu8 pro irain6N8i8 donotioim," unterhalb

„Groß Gut die Kaiser han gethan
Dem Bapst und übel gelegt an
Dasür yhn der Bapst gedancket hat
Wie dis Bild dir die Wahrheit sagt.

Mart. Lutherus O."

^ Jackson giebt in seinen ,,Ur6uti86" rc. S. 334 eine verkleinerte Kopie. Die
Art und Weise wie der Spanier Oon Orunoi^ao Ü6 Oa^rocko in seinen „Visionen" von
der Hölle, Luther auftreten läßt, könnte an dieses Bild erinnern.
 
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