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Luther's Reise nach worms.

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Herzog Georg von Sachsen mit zwölf besondern Klagpunkten gegen ent-
schiedene Mißbränche der Kirchengewalt anschloß. So erfolgte endlich die
kaiserliche Vorladung des Reformators am 6. März, die der kaiserliche
Herold Caspar Sturm, zugleich mit dem kaiserlichen Geleitsbrief am
24. März zu Wittenberg überantwortete. Wenn Luther's püpstliche Gegner
Ursache haben mochten, in dem persönlichen Erscheinen des kühnen Mönchs
auf dem Reichstage die Gefahren eines offenen Kampfes zu scheuen, der
dazu angethan war, die Bedeutung des römischen Machtspruchs in den
Augen der Welt aufs neue und noch mehr zu erschüttern, so war für seine
Freunde die Angst nnd Sorge um die Sicherheit und das Leben des theuren
Mannes jedenfalls noch gerechtfertigter. Man fühlte und wußte, daß der
Widerruf der einzige Boden war, auf welchem seine Gegner wegen einer
Ausgleichung oder Beilegung der Sache verhandeln würden, man wußte,
daß Lnther diesen Boden nicht betreten würde, nicht betreten konnte, aber
man wußte nicht, in wie weit die weltliche Macht, so weit sie auf seiner
Seite stand, es vermögen würde, ihn gegen die Brandung der geistlichen
Gewalt zu schützen. Der vorsichtige Churfürst von Sachsen, der mit seinem
kundigen Blicke dem Geiste und Getriebe des Reichstags so nahe stand,
hielt den kaiserlichen Geleitsbrief nicht für genügende Sicherheit und snchte
ihn durch besondere Schutzbriefe für die Reise dnrch die eigenen Lande
nicht bloß, sondern auch durch das Gebiet seines Vetters, des Herzogs
Georg, und des Landgrafen von Hessen zu unterstützen; ja er soll den
Kaiser sogar an die Gefährlichkeit des Grnndsatzes erinnert haben, der auf
dem Costnitzer Concil dem kaiserlichen Ahnherrn die Schamröthe in die
Wangen getrieben. Nur Luther selber stand zwischen dem Groll seiner
Gegner und der Angst nnd Besorgniß seiner Freunde fest auf dem Ent-
schlusse, die Kraft seines Gottvertrauens auch gegen diesen Sturm zu
erproben, und freudigen Mnthes rüstete er sich zum Aufbruch. Der Witteu-
berger Rath, mit vr. Christian Baier als Bürgermeister, Lucas Cranach
als Kämmerer an der Spitze, unterstützte ihn mit einem Reisegelde von
3 Schock 30 Groschen und Christian Goldschmied stellte zur Reise nach
Worms, ebenfalls auf Kosten des Rathes, den Wagen mit drei PserdenV

i Jn den Wittenberger Känunerei-Rechnnngen heißt es beim Jahre 1521: „3 Schock
30 gr. I)e. Martino Luther gewährt, als er gegen Worms auf den Reichstag gezogen,
Dienstag in Ostern;" und beim Jahre 1522: „6 Schock erhielt Christian Goldschmied
für die Fuhre gen Worms sieben Wochen von drei Pferden und da ihm ein neuer
Wagen zerbrochen, sind ihm dafür zwei alte Schock gegeben." (Die Zeit von 7 Wochen
stimmt freilich mit der Zeit nicht ganz überein, die Luther auf die Reise, sowie auf den
Aufenthalt in Worms verwendete.

Lindau, Lucas Cranach.

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