Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
284

Dritter Abschnitt. Erstes Rapitel.

berichlet wird, in schneller Folge eine eigenthümliche Prophezeiung Luther's
erfüllte, als deren Uebermittler Lucas Cranach bezeichnet wird. „Es ließ
ttf eine Zeit Hertzog George zu Sachsen den berumbten Maler Meister
Lncas Cranachern von Wittenbergk kegen Dresden ersordern, daselbst etzliche
schöne Contrafacts und Gemelde zu vorfertigen", heißt es in einer alten
SchriftL „Als nun derselbe Meister Lucas gedachten Herzog Hansen^ auch
abmalte, sragte ihn Herzog Hans, was der ausgeloffene Münch zu Witten-
berg machte. „Er schreibet, lieset und prediget", antwortete Meister Lucas,
„und wartet seines Berufes." — „Lieber", sagte Hertzog Hans, „ich höre
er versehe sich viel Guts zu mir und hoffet, er wolle bei mir mehr Gnade
finden als bei meinem Herrn Vater; aber wenn Jhr wieder zu ihm kommt,
so saget ihm von meinetwegen, er dürfe sich gar keiner Gnade von mir
ersehen; mein Vater sei ihm viel zu linde gewesen, so aber ich nüs Regi-
ment kommen werde — alsdann so wollte er sich an ihm erholen, was er an
seinem Herrn.Vater verschuldet hätte." Da nun Meister Lucas seinen
empfangenen Befehl zu Wittenberg ausgerichtet, fing Luther an ein wenig
zu lächeln und sagte: „Werdet Jhr, Meister Lucas, auch wieder hinauf
nach Dresden gehen?" — „Ja", antwortete Cranach. — „Ei, Lieber",
sagte Luther, „vermeldet Herzog Hansen von meinetwegen wieder, Gott
habe mich bis hierher vor seines Vaters Zorn behütet, daß mir nichts von
ihm hätte widerfahren können, wie ungnädig er sich anch gegen mich
erzeiget hätte, darum so könne ich mich für Herzog Hansen noch viel
weniger fürchten. Aber dieß ließe ihm der Mönch wieder sagen, weil er
anf feines Vaters Tod und Regiment trotzete, so sollte er nicht würdig
sein, seines Vaters Tod zu erleben, viel weniger irüs Regiment zu kommen;
das saget ihm von meinetwegen wieder zur Antwort." Da MN Meister
Lncas wieder nach Dresden kommen und Herzog Hans kurzum wissen wollte,
was vr. Luther geantwortet habe, bittet erstlich Meister Lucas unterthünig,
ihn damit zu verschonen, denn seine sürstlichen Gnaden möchten über der
Antwort bewegt werden, wollt doch der Herzog nicht ablassen, sondern die
Antwort wissen. Da sagte ihm Meister Lucas, was Luther geantwortet
hatte. Darob erschrak und verstummte Herzog Hans dermaßen, daß er

* S. Ratzeberger's handschriftliche Geschichte über Luther und seine Zeit, heraus-
gegebcn von Neudecker, S. 67 ff. Diese interessante Mittheilung fehlt in den Werken
von Arnold, Strobel u. s. w. Vergl. de Wette, IV, 576—579. Auch aus dieser
Mittheilung ergibt sich, daß es Herzog Georg nicht verschmahte, Cranach's Kunst in
Anspruch zu nehmen, obgleich derselbe Luther's Freund war.

^ Herzogs Georg ältester Sohn Iohann, geb. 1498, vermühlt 1519 mit Elisabeth,
des Landgrafen Wilhclm des Mittleren von Hessen Tochter.
 
Annotationen