portrait öeinrich's des Frommen und Lhristus mit den Marterwerkzeugen. 289
zimmer des Dresdner Rathhauses, jetzt in der königlichen Galerie befind-
liche lebensgroße Portrait Heinrich des Frommen mit dem Monogramm
und der Jahreszahl 1537, jedenfalls eines der schönften und größten Bild-
nisse, das Cranach's Meisterschaft als Portraitmaler mehr als manches
andere Werk dieser Art in ihrer vollen Bedeutung erkennen läßt, und wahr-
scheinlich wührend eines lüngeren Aufenthaltes in Freiberg (vielleicht wührend
der im Mai dieses Jahres in dem Gebiete des Herzogs unter Spalatin
vorgenommenen Kirchenvifitation) entstanden sein dürfte. Wo das Bild sich
ursprünglich befunden hat, wann und wie es in den Besitz des Dresdener
Rathes gelangte, darüber giebt das Archiv des Rathhauses nicht die geringste
Auskunft? Eine weitere Bereicherung des Cranach'schen Bilderschatzes,
dessen die Dresdner Galerie sich erfreut, erfolgte erst 1874 durch die
Erwerbung eines Bildes, das Christus mit den Marterwerkzeugen
und den Wundmalen, oberhalb von anbetenden und jubelnden Engeln
umgeben, darstellend, durch die Frische des Colorits, durch den lieblichen,
naiven Ausdruck der Engelsköpfe, für eine Periode der Cranach'schen
Kunftthütigkeik spricht, welche mit der Zeit zusammenfällt, in welcher seine
von Engeln umgebenen Madonnen entstanden (1504—1517), obgleich eine
derarüge Darstellung des schmerzensreichen Erlösers jener christlichen Sym-
bolik anzugehören scheint, auf welche bei der Besprechung spüterer Cranach'-
scher Bildergruppen wiederholt hingedeutet worden istS Das Bild trägt
weder ein Monogramm noch eine Jahreszahl, ist aber, wenn die Cranackpsche
Autorschaft nicht zu bezweifeln ist, jedenfalls ein glünzender Zuwachs der-
jenigen Dresdner Kunstschütze, welche im Stande find, unserem Meister
die ihm gebührende ehrenvolle Stellung in der Geschichte der deutschen
Kunst zu fichern und zu erhalten. Tie Darftellung des Erlösers mit den
Wundmalen und mit den Marterwerkzeugen, ein Gegenstand, den Cranach
spüter wiederholt hat — Christus gewöhnlich sitzend, mit den blutendeu
Wundmalen, und mit den Marterwerkzeugen im Schooße — entspricht hier,
wie überall, in der Composition nicht der Auffassung des auferstandenen
Erlösers, obgleich die Wundmale den überstandenen Kreuzestod andeuten:
es ist im Gegentheil in Ansdruck und Haltung noch ganz der schmerzens-
* Man kann vermuthen, daß der Herzog das Bildniß dem Rathe, bei Gelegenheit
seiner reformatorischen Besitznahme dcr Lande scines Bruders, verehrt und nach der Sitte
jener Zeit dem Rathe damit cin besonderes Zeichen semer Gunst gcgeben habe.
^ Es gehört dieses Gemälde (Nr. 1940 des Catalogs), das sich früher in Florenz
befand, zu den Bildern, die im Sommer 1874 in London für die Dresdncr Galerie
angekauft wurden. (Ein anderes Bild dieser Nrt besindet sich im Besitz der Familie
Froriep in Weimar).
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zimmer des Dresdner Rathhauses, jetzt in der königlichen Galerie befind-
liche lebensgroße Portrait Heinrich des Frommen mit dem Monogramm
und der Jahreszahl 1537, jedenfalls eines der schönften und größten Bild-
nisse, das Cranach's Meisterschaft als Portraitmaler mehr als manches
andere Werk dieser Art in ihrer vollen Bedeutung erkennen läßt, und wahr-
scheinlich wührend eines lüngeren Aufenthaltes in Freiberg (vielleicht wührend
der im Mai dieses Jahres in dem Gebiete des Herzogs unter Spalatin
vorgenommenen Kirchenvifitation) entstanden sein dürfte. Wo das Bild sich
ursprünglich befunden hat, wann und wie es in den Besitz des Dresdener
Rathes gelangte, darüber giebt das Archiv des Rathhauses nicht die geringste
Auskunft? Eine weitere Bereicherung des Cranach'schen Bilderschatzes,
dessen die Dresdner Galerie sich erfreut, erfolgte erst 1874 durch die
Erwerbung eines Bildes, das Christus mit den Marterwerkzeugen
und den Wundmalen, oberhalb von anbetenden und jubelnden Engeln
umgeben, darstellend, durch die Frische des Colorits, durch den lieblichen,
naiven Ausdruck der Engelsköpfe, für eine Periode der Cranach'schen
Kunftthütigkeik spricht, welche mit der Zeit zusammenfällt, in welcher seine
von Engeln umgebenen Madonnen entstanden (1504—1517), obgleich eine
derarüge Darstellung des schmerzensreichen Erlösers jener christlichen Sym-
bolik anzugehören scheint, auf welche bei der Besprechung spüterer Cranach'-
scher Bildergruppen wiederholt hingedeutet worden istS Das Bild trägt
weder ein Monogramm noch eine Jahreszahl, ist aber, wenn die Cranackpsche
Autorschaft nicht zu bezweifeln ist, jedenfalls ein glünzender Zuwachs der-
jenigen Dresdner Kunstschütze, welche im Stande find, unserem Meister
die ihm gebührende ehrenvolle Stellung in der Geschichte der deutschen
Kunst zu fichern und zu erhalten. Tie Darftellung des Erlösers mit den
Wundmalen und mit den Marterwerkzeugen, ein Gegenstand, den Cranach
spüter wiederholt hat — Christus gewöhnlich sitzend, mit den blutendeu
Wundmalen, und mit den Marterwerkzeugen im Schooße — entspricht hier,
wie überall, in der Composition nicht der Auffassung des auferstandenen
Erlösers, obgleich die Wundmale den überstandenen Kreuzestod andeuten:
es ist im Gegentheil in Ansdruck und Haltung noch ganz der schmerzens-
* Man kann vermuthen, daß der Herzog das Bildniß dem Rathe, bei Gelegenheit
seiner reformatorischen Besitznahme dcr Lande scines Bruders, verehrt und nach der Sitte
jener Zeit dem Rathe damit cin besonderes Zeichen semer Gunst gcgeben habe.
^ Es gehört dieses Gemälde (Nr. 1940 des Catalogs), das sich früher in Florenz
befand, zu den Bildern, die im Sommer 1874 in London für die Dresdncr Galerie
angekauft wurden. (Ein anderes Bild dieser Nrt besindet sich im Besitz der Familie
Froriep in Weimar).
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