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Lranach's Aunstthätigkeit (^sq.?-^5^8).

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aufführen, das der Katalog des Braunschweiger Museums, wo sich dasselbe
befindet, wohl mit Recht als ein Werk Cranach des Vaters aufführt. Es
zeigt Melanchthon als Johannes in der Wüste predigend; seine auf-
merksamen Zuhörer sind Churfürst Friedrich (?), seine Hofleute und Ritter,
wahrscheinlich sämmtlich Portraits, und auf einem Berge in der Ferne steht
als anachronistisches Wahrzeichen Cranach'scher Bibelbilder eine mittelalter-
liche Veste, möglicher Weise die Wartburg. Das mit dem Monogramm
und der Jahreszahl 1549 versehene Bild ist größer nnd bedeutender als
das Bild gleichen Gegenstandes in der Dresdner Galerie vom Jahre 1543/
und es läßt sich vermuthen, daß dem Künstler die Wahl dieses Sujets
in den momentanen Zeitverhältnissen und in der Stellung, welche er diesen
gegenüber einnahm, ziemlich nahe lag, obgleich es auffüllig erscheinen könnte,
daß Cranach, wenn wir die Deutung der Portraits für richtig gelten lassen
wollen, den Melanchthon als Prediger und den Churfürsten Friedrich und
dessen Gefolge als Zuhörer dargestellt haben sollte. Jn Bezug auf Melanch-
thon war, wenn nicht andere Motive zu Grunde lagen, das Portrait
desselben für den Künstler jedensalls ein passenderes Prototyp des ascetischen
Wüstenpredigers, als das Portrait Luther's, an welches er uns in anderen
Bildern biblischen Gegenstandes so mannigfach gewöhnt hat? Die Jahres-
zahl 1549 trügt auch eine Wiederholung der Cranach dem Aelteren eigen-
thümlichen Darstellung der „Ehebrecherin vor Christus", während ein
anderes Bild mit derselben Jahreszahl in der Galerie des sürstlichen
Schlosses Wallerstein in Baiern, „die Bekehrung Pauli" darstellend, das
ebenfalls Cranach dem Aelteren zugeschrieben wird, die Kunstthütigkeit des
Sohnes charakterisirt. Während kein einziges Bild dieses Gegenstandes
von Cranach's des Aelteren Hand nachweisbar ist, hat der jüngere Cranach
diesen Gegenstand mehrfach wiederholt und wie seine Grabschrift in der

i S. S. 338 ff. „Die Hofleute" auf dem Dresdner Bilde find jedenfalls auch
Portraits, in dem von einem abgesägten Baumstamme predigenden und in Fell ge-
kleideten „Johannes" dürfte aber kaum mit Gewißheit das Portrait einer bestimmten
resormatorischen Persönlichkeit zu erkennen sein.

o Es gehört dieses Braunschweiger Bild zu den Kunstwerken, die ehemals die
Galerie des Wolfenbüttellschen Schlosses Salzdahlen schmückten, aber bei der Zer-
störung dieses Schlosses dnrch die westphälische Regierung (1810) nach Paris entführt,
später aber wieder nach Deutschland zurückgebracht nnd dem Museum zu Braunschweig
einverleibt wurden. — Heller gedenkt auch in der 2. Auflage seines Buches über
Cranach (vom Jahre 1853) der Cranach'schen Bilder in Braunschweig gar nicht, führt
aber die Bilder in der herzoglichen Galerie zu Salzdahlen» (nach dem Eberlein'schen
Katalog von 1775) auf, die seit 1810 nicht mehr existirt. Schuchardt vindicirt das
obige Bild ohne wesentliche Gründe für Cranach den Jüngeren, meint aber, daß es
ganz geeignet sei, uns diesen Künstler in seiner ganzen Bedeutung zu zeigen!
 
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