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Lranach's Thätigkeit in Augsburg (^550—

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ment sowohl die Diener der Kirche als auch die Armen bedacht hatte,
begab er sich nach Augsburg." Der Reichstag nahm den 26. Juli seinen
Anfang und wurde im Februar des folgenden Jahres geschlossen, und
während dieser Zeit scheint Cranach, gleichsam durch die Wiedervereinignng
mit seinem Herrn verjüngt, eine ganz besondere Thätigkeit für denselben
entwickelt zu haben. Es scheint dies wenigstens aus einer von Cranach
ausgefertigten Rechnung vom Jahre 1550 hervorzugehen', in welcher nicht
weniger als 16, theils auf Tücher, theils auf Tafeln gefertigte Malereien
der verschiedensten Art verzeichnet sind. ^ Da sich jedoch außer Cranach's
Selbstportrait in Florenz (mit dem Monogramm und 1550) kaum ein ein-
ziges bedeutenderes und echtes, mit der Jahreszahl 1550 versehenes Bild
Cranach's nachweisen läßt, so dürfte die Annahme nahe liegen, daß mit
dieser Rechnung zum Theil alte Rückstände für früher gelieferte Arbeiten
erledigt wurden. Bilder, die in dieser Rechnung als Geschenke für den
Kaiser und einige andere Personen verzeichnet werden, mochten allerdings
unmittelbar in Augsburg entstanden sein, und es bezeichnen diese Geschenke
zugleich die milderen Verhältnisse der Gefangenschaft, in welchen sich der
Chursürst diesmal in Augsburg bewegte. Die Gegenstünde der verzeich-
neten Bilder gehören größtentheils zu denjenigen, die Cranach mehrfach
behandelt hat; bemerkenswerth ist jedoch, daß sich darunter auch ein von
Cranach gemaltes Portrait des Tizian („Tueian") befindet, ohne daß sich
eine Spur von diesem Bilde erhalten hat. Es läßt sich aus Tizian's
Lebensgeschichte nicht mit Bestimmtheit nachweisen, daß der 70jührige Meister
1550 in Augsbnrg gewesen sei. War aber wirklich von Seiten des Kaisers
eine Einladung nach Augsbnrg an ihn ergangen, so lag dem Churfürsten
Johann Friedrich, indem er Cranach dorthin berief, abgesehen von seinem
Verlangen nach dem altbewührten Diener und Freunde, jedenfalls der
Wunsch nahe, seinen Hofmaler mit dem berühmten Jtaliener in Verkehr
zu bringen, oder dem kaiierlichen Mäcen gegenüber einen Zeugen seiner
eigenen Kunstpflege zu haben. Tizian's Portrait von Cranach, vor allem
aber auch ein Portrait Johann Friedrickßs (in Wien), das Tizian 1550
in Augsburg gemalt haben sollZ können Tizian's Anwesenheit in Augs-

^ Der Preis für diese 16 verzeichneten Bilder beträgt nur 93 sl.

2 Aus einem Kopial des Dresdner Hauptstaatsarchivs (Nr. 404, Bl. 248^) geht
hervor, daß sich im Besitze des Churfürsten August ein „von dem berühmten Maler
Dnemn zn Venedig" gemaltes Bild seines Brnders Moritz befand, das Tizian während
seines Aufenthalts in Augsburg für August (oder auf Befehl des Kaisers) gemalt hatte.
Es kann sich dies nur auf den Reichstag des Jahres 1548 beziehen, da Moritz dem
Reichstage des Jahres 1550 bekanntlich sich sern hielt. Die Zeiten hatten sich geändert.
 
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