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etwas von Barock und Rokoko mitgeprägte Kiassixisnms sowie der patiadianische,
antikisierende und avantgardistische Kiassizismus. in der Gartenkunst, die inden Jahren
1770 bis 1831 große Bedeutung für die künstlerische KulturdesLandesbesaß, standdie
führende Strömung mit der Landschaftsgestaltung auf einer sentimentalen und romanti-
schen Basis, den sog. Englischen Gärten, im Zusammenhang. In der Architektur der
ersten drei Jahrzehnte des 19.Jahrhunderts hcrrschen ebenfalls klassizistisclie Strömun-
gen vor; besonders in einigen Bereichen des öffentlichen Bauwesens treten monumentale
Formen auf. J9er pseudoklassischen Strömung dieser Jahre gesellt sich eine immer stärker
werdende pseudogotische bei.
Die vorliegende Publikation befaßt sich mit der klassizistischen Kunst, was aber nicht
bedeutet, daß sie versucht, diese aus der Gesamtheit der künstlerischen Erscheinungen der
Epoche herauszulösen. Man kann den Landschaftsgarten, den darüber hinaus zahlteiche
klassizistische Pavillons schmücken, nicht voni klassizistischen Palast absondern. Man
kann auch nicht hundertprozentig exakt in Malerei und Bildhauerei das klassizistische von
den Nachklängen des Barocks und des Rokoko unterscheiden, oder von dem, was so
konventioncH ist, daß es als ,,akadcmisch*' bezeichnet wird. Der Tite) des Buchesistalso in
weitreichender Bedeutung als eine Bezeichnung sowohl für den eigentlichen Klassizismus,
als auch für Erscheinungen, die mit ihm in Verbindung stehend, zu betrachten.
Quellen, Anfänge und Hauptströmungen
der Kunst der polnischen Aufklärung
Die neuen Strömungen in der Kunst der Mitte des 18. Jahrhunderts erreichten Polen auf
verschiedenen Wegen. Wie es scheint, kamen die frühcsten Anregungen aus Frankreich
dank der Vermittlung fürstlicher Mäzene, die auch schon vorher mit diesem Land
unimittelhare kulturehc Beziehungen unterhichen. Polnische Magnaten, z.B. die Czarto-
ryskis und Branickis, bestellten in Paris nicht nur architektonische Projekte, sondern
importierten auch speziell angefertigte ßoaserien, Möbel, Stoffe und kunstgewerbliche
Gegenstände. Die Kontakte mit Frankreich hatten ständigen Charakter, und da Paris das
Hauptzentrum der Ideen und der Kunst der Aufklärung war, strahlte es direkt auf Polen
aus. Die gebildeten Mäzene. die sich rege für die Philosophie und das Schrifttum der
Aufklärung interessierten, orientierten sich gut in den theoretischen Erörterungen, die die
neuen ästhetischen Ansichten formten. Aber nicht die theoretische, sondern vielmehr die
praktische Ästhetik, besonders die in den mit Stichen illustrierten Publikationen über
antike Denkmäler, Architektur, große Sammlungen, bedeutende Künstler und Kunstwer-
ke enthaltenen Erwägungen und Kommentare, übten einen wesentlichen Einfluß auf die
Entwicklung der Kunst aus.
Es gibt deutliche Zeugnisse dafür, daß die neuen klassizistischen Strömungen in Polen um
das Jahr 1760, vor der Thronbesteigung durch Stanislaw August Poniatowski, aufkamen.
Eines von ihnen sind die Projekte des französischen Architekten Charles Pierre Coustou,
der 1760 bis 1762, vermutlich auf Einladung dcr Fürstin Izabela Lubomirska, geb.
Czartoryska, in Polen wcilte. Sein Projekt des Palastes in Jordanowice bei Grodzisk in der
Nähe von Warschau von 1761 ist ein Bcispicl der Architcktur des frühen tranzösischen
Klassizismus in Form des sogcnannten Gabriet-Stils. Die engen Kontakte des Besitzers
von Jordanowice, Andrzej Mokronowskis, mit den Branickis aus Bialystok erlaubt die
Vermutung. daß auch diese sich früh für die neue Kunstrichtung interessierten, was um so
wahrscheinlicher ist, als der Hetman persöntich pohtisch mit Frankreich verbunden war.

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