8. Schlussbetrachtung
Mit dieser Arbeit wird erstmals nach der schon
mittlerweile über 70 Jahre alten Arbeit von R. v.
Uslar der Fundstoff der Römischen Kaiserzeit
im Arbeitsgebiet umfassend bearbeitet. Dies wur-
de zum einen durch ein Ansteigen der archäo-
logischen Quellen erforderlich, zum anderen
rückte das Arbeitsgebiet, welches den antiken
Schriftquellen nach das Siedlungsgebiet der Che-
rusker war, im Zuge der neuen Forschungen
in Kalkriese wieder in den Mittelpunkt des Inter-
esses.
Als Grundlage für die siedlungsarchäologischen
Analysen erfolgte in einem ersten Schritt eine
Darstellung der naturräumlichen Gegebenheiten
des Arbeitsgebietes und die Bewertung der ein-
zelnen Faktoren in Bezug auf deren Übertragbar-
keit auf die Verhältnisse der Römischen Kaiser-
zeit. Als Fazit konnte ermittelt werden, dass
bestimmte Faktoren durchaus konstant sind,
während andere seit der Römischen Kaiserzeit
deutliche Veränderungen erfahren haben. Insge-
samt wird die Aussagekraft der Fundstellen den-
noch positiv bewertet, da es sich bei den Fund-
stellen um eine Stichprobe aus der Grundgesamt-
heit handelt.
Auch der Fundstoff an sich wird einer quellen-
kritischen Analyse unterzogen. Hier sind deut-
liche Einschränkungen zu machen, gerade was
die Grabfunde betrifft. Das Fundmaterial selbst
stammt in den wenigsten Fällen aus gut erforsch-
ten Grabungen, es handelt sich dabei um auf den
ersten Blick unspektakuläres Oberflächenmateri-
al, zumeist von Siedlungsstellen. Diese Ausgangs-
situation begründet auch den Verzicht auf detail-
lierte chronologische Untersuchungen des Mate-
rials, und legt den Schwerpunkt der Betrachtung
auf die Fundstellen selbst.
Im Anschluss daran werden die einzelnen Fund-
gattungen vorgestellt. Ein Ergebnis bei der Be-
trachtung der Gräberfelder ist eine Tendenz von
verschiedenen Formen der Bestattungen im älte-
ren Abschnitt der Römischen Kaiserzeit zur ge-
normten Urnenbestattung in den jüngeren Ab-
schnitten.
Bei den Siedlungen werden exemplarisch zehn
Fundstellen vorgestellt, die noch nicht oder nur in
Vorberichten publiziert wurden. Herausragend
waren dabei die Baubefunde der Siedlung von
Schwiegershausen und die Importfunde der Sied-
lungen Meensen und Rosdorf.
Die Keramik des Arbeitsgebiets lässt sich problem-
los in den von R. v. Uslar 1938 vorgegebenen rhein-
wesergermanischen Formenkreis einordnen. Eine
eigene Gliederung der Keramik nach typologischen
Aspekten unterblieb, da insgesamt nur wenige
Gefäße vollständig vorliegen. Gleiches gilt für den
Versuch, feinchronologische Datierungen vorzu-
nehmen, da zudem neuere Untersuchungen die
feinchronologische Relevanz der einzelnen Typen
bezweifeln (Walter 2000, 197). Die Untersuchung
weiterer Fundgruppen wie Fibeln oder Perlen zeigt,
dass das bisher fundleer geltende Arbeitsgebiet
durchaus ergiebig ist. Auch auf weitreichende inner-
germanische Kontakte der einheimischen Bevölke-
rung, z. T. bis weit in das Baltikum, konnte hinge-
wiesen werden. Einen großen Teil nimmt auch die
Untersuchung des römischen Importes und der
Münzfunde ein. Eine neue Zusammenstellung aller
Importfunde des Arbeitsgebiets erbrachte, dass
auch hier eine deutliche Fundlücke gefüllt werden
konnte. Viele und verschiedenartige Funde belegen
intensive Kontakte zum römischen Reich, was als
Anzeichen einer allmählichen Romanisierung ge-
deutet wird. Ein Exkurs beleuchtet das Phänomen
der augenscheinlichen Metallarmut dieser Zeitepo-
che; dabei konnte gezeigt werden, dass der Topos
der Metallarmut bei den Germanen zumindest im
Arbeitsgebiet ein Fakt darstellt.
Ethnische Aspekte für eine Zuweisung der Bevöl-
kerung des Arbeitsgebiets zu dem antiken Stamm
der Cherusker mussten unterbleiben. Das Materi-
al lässt eine solche Deutung nicht zu. Zudem sug-
geriert das Fundbild rein topographisch gesehen
eine Dreiteilung des Siedlungsraumes. Im Fund-
material fanden sich wenig Hinweise, die sich
in Hinblick auf eine hierarchische Gesellschaft
deuten ließen. Zumindest scheint der Zugang zu
Importgütern bereits im jüngeren Abschnitt der
älteren Römischen Kaiserzeit nicht nur wenigen
Menschen vorbehalten gewesen zu sein, sondern
war weit verbreitet.
Der letzte Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der
Lage der Fundstellen im topographischen Gefüge
der Landschaft. Trotz zahlreicher quellenkritischer
Bedenken ergaben sich dennoch viele Ergebnisse,
die gut in einen überregionalen Kontext eingeord-
net werden können. Es zeigt sich, dass die Siedlun-
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Mit dieser Arbeit wird erstmals nach der schon
mittlerweile über 70 Jahre alten Arbeit von R. v.
Uslar der Fundstoff der Römischen Kaiserzeit
im Arbeitsgebiet umfassend bearbeitet. Dies wur-
de zum einen durch ein Ansteigen der archäo-
logischen Quellen erforderlich, zum anderen
rückte das Arbeitsgebiet, welches den antiken
Schriftquellen nach das Siedlungsgebiet der Che-
rusker war, im Zuge der neuen Forschungen
in Kalkriese wieder in den Mittelpunkt des Inter-
esses.
Als Grundlage für die siedlungsarchäologischen
Analysen erfolgte in einem ersten Schritt eine
Darstellung der naturräumlichen Gegebenheiten
des Arbeitsgebietes und die Bewertung der ein-
zelnen Faktoren in Bezug auf deren Übertragbar-
keit auf die Verhältnisse der Römischen Kaiser-
zeit. Als Fazit konnte ermittelt werden, dass
bestimmte Faktoren durchaus konstant sind,
während andere seit der Römischen Kaiserzeit
deutliche Veränderungen erfahren haben. Insge-
samt wird die Aussagekraft der Fundstellen den-
noch positiv bewertet, da es sich bei den Fund-
stellen um eine Stichprobe aus der Grundgesamt-
heit handelt.
Auch der Fundstoff an sich wird einer quellen-
kritischen Analyse unterzogen. Hier sind deut-
liche Einschränkungen zu machen, gerade was
die Grabfunde betrifft. Das Fundmaterial selbst
stammt in den wenigsten Fällen aus gut erforsch-
ten Grabungen, es handelt sich dabei um auf den
ersten Blick unspektakuläres Oberflächenmateri-
al, zumeist von Siedlungsstellen. Diese Ausgangs-
situation begründet auch den Verzicht auf detail-
lierte chronologische Untersuchungen des Mate-
rials, und legt den Schwerpunkt der Betrachtung
auf die Fundstellen selbst.
Im Anschluss daran werden die einzelnen Fund-
gattungen vorgestellt. Ein Ergebnis bei der Be-
trachtung der Gräberfelder ist eine Tendenz von
verschiedenen Formen der Bestattungen im älte-
ren Abschnitt der Römischen Kaiserzeit zur ge-
normten Urnenbestattung in den jüngeren Ab-
schnitten.
Bei den Siedlungen werden exemplarisch zehn
Fundstellen vorgestellt, die noch nicht oder nur in
Vorberichten publiziert wurden. Herausragend
waren dabei die Baubefunde der Siedlung von
Schwiegershausen und die Importfunde der Sied-
lungen Meensen und Rosdorf.
Die Keramik des Arbeitsgebiets lässt sich problem-
los in den von R. v. Uslar 1938 vorgegebenen rhein-
wesergermanischen Formenkreis einordnen. Eine
eigene Gliederung der Keramik nach typologischen
Aspekten unterblieb, da insgesamt nur wenige
Gefäße vollständig vorliegen. Gleiches gilt für den
Versuch, feinchronologische Datierungen vorzu-
nehmen, da zudem neuere Untersuchungen die
feinchronologische Relevanz der einzelnen Typen
bezweifeln (Walter 2000, 197). Die Untersuchung
weiterer Fundgruppen wie Fibeln oder Perlen zeigt,
dass das bisher fundleer geltende Arbeitsgebiet
durchaus ergiebig ist. Auch auf weitreichende inner-
germanische Kontakte der einheimischen Bevölke-
rung, z. T. bis weit in das Baltikum, konnte hinge-
wiesen werden. Einen großen Teil nimmt auch die
Untersuchung des römischen Importes und der
Münzfunde ein. Eine neue Zusammenstellung aller
Importfunde des Arbeitsgebiets erbrachte, dass
auch hier eine deutliche Fundlücke gefüllt werden
konnte. Viele und verschiedenartige Funde belegen
intensive Kontakte zum römischen Reich, was als
Anzeichen einer allmählichen Romanisierung ge-
deutet wird. Ein Exkurs beleuchtet das Phänomen
der augenscheinlichen Metallarmut dieser Zeitepo-
che; dabei konnte gezeigt werden, dass der Topos
der Metallarmut bei den Germanen zumindest im
Arbeitsgebiet ein Fakt darstellt.
Ethnische Aspekte für eine Zuweisung der Bevöl-
kerung des Arbeitsgebiets zu dem antiken Stamm
der Cherusker mussten unterbleiben. Das Materi-
al lässt eine solche Deutung nicht zu. Zudem sug-
geriert das Fundbild rein topographisch gesehen
eine Dreiteilung des Siedlungsraumes. Im Fund-
material fanden sich wenig Hinweise, die sich
in Hinblick auf eine hierarchische Gesellschaft
deuten ließen. Zumindest scheint der Zugang zu
Importgütern bereits im jüngeren Abschnitt der
älteren Römischen Kaiserzeit nicht nur wenigen
Menschen vorbehalten gewesen zu sein, sondern
war weit verbreitet.
Der letzte Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der
Lage der Fundstellen im topographischen Gefüge
der Landschaft. Trotz zahlreicher quellenkritischer
Bedenken ergaben sich dennoch viele Ergebnisse,
die gut in einen überregionalen Kontext eingeord-
net werden können. Es zeigt sich, dass die Siedlun-
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