Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schmidt, Susanne
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 30): Die ältere römische Kaiserzeit in Südniedersachsen — Rahden/​Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2002

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.68052#0051
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5. Die Fundgattungen

5.1 Gräber
Grabfunde der Römischen Kaiserzeit sind im Ver-
gleich zu Siedlungsfunden im Arbeitsgebiet selten.
Insgesamt konnten 55 Fundstellen als Gräber bzw.
Gräberfelder identifiziert werden (Karte 3, Liste
3). Angesichts der geringen absoluten Anzahl, der
dürftigen Befunde und unsicheren Überlieferun-
gen sind verallgemeinernde Aussagen zu den
Grabfunden nur unter Vorbehalt zu treffen.
Das Grundgerüst für eine Chronologie bilden in
der Regel geschlossene Grabfunde. Aufgrund der
schon oben angesprochenen schwierigen Fundsi-
tuation für Gräber und Gräberfelder im Arbeits-
gebiet ist oftmals auch die Datierung der Gräber
an sich problematisch, sodass die chronologische
Einordnung der Gräber nur sehr grob erfolgen
kann (Karte 6).
Für vier Gräber/Gräberfelder ist eine Datierung in
die Übergangszeit um Chr. Geb. wahrscheinlich
(Kat. Nr. 5, 70, 74, 201). 19 Gräber oder Gräberfel-
der können in die ältere Römische Kaiserzeit
datiert werden (Kat. Nr. 29, 41, 79, 90, 103, 143,
165, 178, 181, 213, 219, 251, 252, 281, 283, 338,
346, 352, 356). 15 der Fundstellen werden einem
jüngeren Abschnitt der Römischen Kaiserzeit zuge-
rechnet (Kat. Nr. 15, 36, 55, 62,119,136, 146, 204,
229,253,265,266,357,358, 359). Bei 16 Fundstel-
len kann nur eine allgemeine Zuordnung in die
Römische Kaiserzeit vorgenommen werden (Kat.
Nr. 18, 25, 42, 82, 86, 92, 105, 106, 127, 133, 189,
223, 315, 331, 343).
5.1.1 Fundverteilung
Betrachtet man die Verteilung der Grabfunde (Kar-
te 3) im Arbeitsgebiet, so ist kein Schwerpunkt aus-
zumachen. Die Lage der Gräber folgt in lockerer
Streuung dem Verlauf der Leine und deren Neben-
flüssen. Vereinzelt finden sich Grabfunde im weiter
abgelegenen Bergland. Entlang der Weser sind nur
wenige Grabfunde bekannt, sie befinden sich alle
im nördlichen Weserabschnitt zwischen Holzmin-
den und Hessisch Oldendorf. Dies deckt sich auch
mit der Verteilung der Siedlungs- und Streufunde.
Da die Entdeckung der Grabfunde größtenteils vom
Zufall abhängt, und daher weniger Ergebnis archä-
ologischer Feldforschung ist, spiegelt die Verbrei-
tung nicht zwangsläufig den Forschungsstand
wider, wie dies eher bei den Siedlungen der Fall ist.

Acht der Grabfunde stehen ohne näheren Zusam-
menhang, d. h. in mindestens 20 km Entfernung
zur nächsten Siedlungsstelle bzw. zu Siedlungsfun-
den (Kat. Nr. 5, 82, 103, 165, 181, 201, 252, 281).
Frei von Fundstellen sind die höheren Erhebun-
gen von Deister und Süntel nordöstlich von Ha-
meln, das Gebiet des Sollings und Voglers östlich
des südlichen Abschnittes der Weser, der Hildes-
heimer Wald, die Sieben Berge östlich von Alfeld
sowie das bergige Vorharzland. Für das Entstehen
dieser Fundlücken können mehrere Ursachen
benannt werden (s. auch Kap. 4). Aufgrund der
heutigen zumeist dichten Bewaldung sind flächi-
ge Begehungen nicht möglich. Auf abgeholzten
Hängen dürfte Erosion die flach eingetieften Be-
funde abgespült haben. Die Fundleere auf den
höheren Erhebungen ist m. E. als echte Fundlü-
cke zu deuten, obgleich der negative Beweis dafür
bei den Gräbern, im Gegensatz zu den Siedlun-
gen, schwer zu führen ist. Auf zwei Besonderhei-
ten im Fundbild ist noch hinzuweisen. Anhand
der Gräber Kat. Nr. 343, 42, 18 ist eine Querver-
bindung von der Weser zur Leine anhand der kür-
zesten Entfernung beider Flüsse nachvollziehbar.
Heute führt die Bundesstraße 1 über diese Hoch-
fläche, die z. Zeit noch fast fundleer ist. Bei inten-
siven Prospektionen in diesem Gebiet ist sicher
mit weiteren Fundstellen zu rechnen.
Bis auf zwei Grabfundstellen (Kat. Nr. 82,281) und
den Gewässerfund eines Beckens der Form Eggers
102 (Kat. Nr. 84) ist das Gebiet der Leine zwischen
Alfeld im Norden und Kreiensen im Süden fund-
leer. Möglicherweise ist diese Leere forschungsge-
schichtlich oder bodenkundlich (Auenlehm) be-
dingt. Doch auch bei Bautätigkeiten konnten kei-
nerlei Siedlungsbefunde gemacht werden, sodass
hier eine aktivitätsfreie Zone vorliegen könnte. In
dem hier sehr engen Tal der Leine sind nur wenige
Flächen für agrarwirtschaftliche Nutzung vorhan-
den, die für eine dauerhafte Ansiedlung nötig
wären. Die Gräber und der Gewässerfund doku-
mentieren möglicherweise eine unsichere Kontakt-
zone zwischen zwei besiedelten Gebieten.
5.1.2 Auffindungsart und Auffindungszeit
Zwanzig Gräber/Gräberfelder wurden in Folge
von Erd- oder Bauarbeiten gefunden, davon nur
drei bei Feldarbeiten (s. Diagramm 5.2 und 5.3).
Analog zu der frühen Auffindung der meisten Grab-
funde folgt die Fundangabe „unbekannt“ mit 14

33
 
Annotationen