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Lönne, Petra
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 31): Das Mittelneolithikum im südlichen Niedersachsen :: Untersuchungen zum Kulturenkomplex Großgartach - Planig-Friedberg - Rössen und zur Stichbandkeramik — 2003

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.68368#0067
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diese angrenzen. Der Gebäudegrundriß ist in sei-
ner klassischen Ausprägung nunmehr regelmäßig
trapezförmig bis schwach gebaucht und auffallend
lange Anten bzw. großräumige Vorbauten (Vorhal-
len) treten nun häufiger in Erscheinung276. Mit der
veränderten Wandkonstruktion ist wiederum eine
Verlagerung der Dachlast auf die Wandgräbchen
verbunden, die nunmehr wieder stärker eingetieft
sind als die Außenpfosten und entsprechend häufi-
ger im archäologischen Befund nachgewiesen wer-
den können. Die Dachlast wird bei diesem Kon-
struktionstyp vermutlich verstärkt von den Quer-
riegeln und den Wandbohlen getragen. Daneben
dienten die begleitenden Außenpfosten als zusätz-
liche Stabilisierung der Wandkonstruktion, um den
nach außen drückenden Schub- und Druckkräften
ausreichend entgegenwirken zu können. Grundris-
se, bei denen der Wandgraben deutlich tiefer als die
Außenpfosten gegründet ist, scheinen demzufolge
für die Rössener Kultur charakteristisch zu sein277.
Aus dem Arbeitsgebiet liegen bisher nur wenige Bei-
spiele für diesen Konstruktionstyp vor. Zu nennen
ist der nur teilweise erhaltene bzw. freigelegte, wohl
trapezförmige Gebäudegrundriß von Obernjesa-14,
Ldkr. Göttingen (Kat.-Nr. 71) (Taf. 155). Die gebor-
gene Keramik bestätigt eine rössenzeitliche Datie-
rung (Taf. 56-42). Die rekonstruierte Gebäudelänge
dürfte bei mindestens 28 m gelegen haben, die Brei-
te am NW-Ende betrug etwa 5,5 m, am SO-Ende
etwa 8,5 m. Im Innenbereich konnten einzelne Joch-
pfostengruben (ursprünglich vermutlich Querriegel
aus drei Pfosten) festgestellt werden, die auf einen
Jochabstand von etwa 7 m schließen lassen. Ver-
gleichbare Konstruktionstypen konnten u.a. in
Aldenhoven-1 (Abb. 19), Hambach-471, Inden-1-3,
alle Kr. Düren, und in Deiringsen-Ruploh, Kr. Soest
(Abb. 20), dokumentiert werden278.

Weitere Erkenntnisse zur Entwicklung von Groß-
gartacher/Planig-Friedberger zu Rössener Gebäu-
detypen im Arbeitsgebiet läßt die Auswertung der
Befunde von Elliehausen-(III), Ldkr. Göttingen
(Kat.-Nr. 58), erwarten (Abb. 16). Das bisher spär-
liche keramische Fundmaterial aus dem Bereich
der Siedlung ist der frühen Rössener Kultur zuzu-
weisen279 - in bautypologischer Hinsicht überwie-
gen jedoch Konstruktionselemente der Großgar-
tacherbzw. Planig-Friedberger Bauformen (s.o.).
4.3.3 Nebengebäude
Auf dem Fundplatz Großenrode-14 konnten min-
destens zwei, möglicherweise drei Nebengebäu-
de280 nachgewiesen werden, die anscheinend stets
an der Südseite, im Bereich des NW-Endes eines
(zugehörigen?) Langhauses liegen (Taf. 226)281. Die
Grundrisse der Nebengebäude sind nur unvoll-
ständig erhalten, so daß eine Rekonstruktion nur
unter Vorbehalt möglich ist. Zwei Bauten (Neben-
gebäude 2 u. 3) zeigen einen unregelmäßig recht-
eckigen bzw. polygonalen Grundriß mit einer kon-
vex ausladenden Längswand (Taf. 225,226)282. Der
Grundriß von Nebengebäude 1 ist dagegen eher
rechteckig und an einer Schmalseite, die dem wohl
zugehörigen Langhaus zugewandt ist, leicht abge-
rundet (Taf. 224). Die erhaltene Wandkonstruktion
besteht stets aus einer einfachen Pfostenreihe,
Wandgräbchen konnten bei keinem der Gebäude
beobachtet werden. Im Innenbereich von Neben-
gebäude 2 befinden sich einige Pfostengruben, die,
ohne das eine Systematik erkennbar wäre, zu einer
Binnenteilung bzw. zu einem Innengerüst gehören
könnten. Die Frage nach einer möglichen Dach-
konstruktion kann nicht beantwortet werden283.
Bei Nebengebäude 1 könnte die räumliche Nähe zu
einem mutmaßlichen Zugang in der Außenpfosten-

276 Vgl. dazu ausführlich Hampel 1989, passim, bes. 79-83. Siehe auch Dohrn-Ihmig 1983a, bes. 31-43.
277 Hierbei handelt es sich um ein Konstruktionsmerkmal, das bereits in linienbandkeramischem Kontext aus Schwiegers-
hausen-39, Ldkr. Osterode am Harz, belegt ist; vgl. dazu Flindt 1997, 16-2; bzw. Kaltofen 1998.
278 Jürgens 1979, Abb. 2. Dohrn-Ihmig 1983c. Günther 1976, Abb. 5: Haus I u. II. Dohrn-Ihmig 1983a, Abb. 21 u. 23.
Jürgens 1971a, Abb. 26. Kuper 1979, Abb. 22-25.
279 Für die Erlaubnis zur Einsichtnahme in die Grabungsunterlagen danke ich B. Arndt (Stadtarchäologie Göttingen) und
B. Rasink (Grabungsleiter). Publikation in Vorbereitung; vgl. Rasink 1998.
280 Kleinere Bauten, die ein anderes Bauschema als die größeren Langbauten aufweisen und im Zusammenhang mit letzte-
ren stehen, werden als „Nebengebäude“ oder „Nebenbau“ charakterisiert; siehe dazu Kuper, Piepers 1966, 374; Hampel
1989, 72. Denkbar wäre aber auch, daß es sich bei diesen Befunden um eine All Gatter o.ä. handelt.
281 Im Gegensatz dazu liegen.die Nebenbauten von Aldenhoven-1 (Jürgens 1979, Abb. 2), Hambach-260 (Dohrn-Ihmig
1983, Abb. 2) und Inden-1 (Kuper 1979, Abb. 22-25) bis auf eine Ausnahme (Nebenbau 19) immer nördlich des Haupt-
gebäudes. Lediglich der Nebenbau von Deiringsen-Ruploh findet sich in ähnlicher Position, nördlich des Langhauses;
vgl. dazu Günther 1976, Abb. 7.
282 Ein entsprechender Lagebezug ist für alle Nebenbauten von Inden-1 belegt; vgl. Kuper 1979, 125.
283 Für die Annahme, daß es sich um überdachte Bauten handelt, spricht die vergleichsweise massive Bauweise mit den tief
gegründeten Pfostengruben.

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