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Lönne, Petra
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 31): Das Mittelneolithikum im südlichen Niedersachsen :: Untersuchungen zum Kulturenkomplex Großgartach - Planig-Friedberg - Rössen und zur Stichbandkeramik — 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.68368#0097
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Ein Rössener Grab des nach Auffassung Röttings
nur zu etwa 40-50 % erfaßten Bestattungsareals
überlagerte stratigraphisch eine linienbandkerami-
sche Bestattung. Die Rössener Bestattungen des
Gräberfeldes sind einheitlich annähernd Süd-Nord
orientiert, der Kopf hegt immer im Süden und der
Blick ist vornehmlich nach Osten gerichtet429.
Die Toten dieser Belegungsphase wurden in der
Mehrzahl in gestreckter Rückenlage mit stark dif-
ferenzierter Armhaltung beigesetzt, die seitliche
Hocklage ist dagegen in Wittmar lediglich bei
sechs rössenzeitlichen Bestattungen belegt (Abb.
31-33)430.
Unter Einbeziehung der außerhalb des Arbeits-
gebietes bekanntgewordenen mittelneolithischen
Grabbefunde zeichnet sich bei der Totenhaltung
anscheinend folgende Tendenz ab. Während im
südwestdeutschen Raum die gestreckte Rücken-
lage (z.B. auf dem Hinkelstein-Großgartacher
Gräberfeld von Trebur, Ldkr. Groß-Gerau, mit 137
Bestattungen; Jechtingen (mGG-sRÖ), Ldkr. Em-
mendingen, mit 105 Bestattungen; Riegel, Ldkr.
Emmendingen, mit fünf Bestattungen) überwiegt
und im Nordharzvorland sowohl die gestreckte
Rückenlage als auch seltener seitliche Hocker
nachgewiesen sind, herrschen in Mitteldeutsch-
land Bestattungen in Hocklage vor (z.B. auf dem
eponymen Gräberfeld von Rössen, Ldkr. Merse-
burg-Querfurt, mit 93 Bestattungen, darunter 48
der Rössener Kultur und 29 der Gaterslebener
Kultur, 16 sind nicht zuweisbar)431. Auch die bei-
den jüngst entdeckten rössenzeitlichen Gräber-
felder von Oberwiederstedt, Ldkr. Mansfelder
Land, mit rechtsseitigen Hockern und das Hocker-
grab von Freyburg, Ldkr. Burgenlandkreis, bestä-
tigen diese Tendenz432. Bei den sog. „Altrösse-
ner“ Gräbern vom Steigernordrand und aus der
Hungerbachsiedlung, beide in der Erfurter Mul-
de gelegen, handelt es sich jedoch um Bestattun-
gen in Strecklage433.
Lichardus (1976) möchte die insbesondere in Mit-
teldeutschland praktizierte Hockerbestattung auf


Abb. 31 Wittmar, Ldkr. Wolfenbüttel.
Beispiele für die Körperhaltung der Rössener Bestattungen
(nach Rötting 1983, Abb. 8).



Abb. 32 Wittmar, Ldkr. Wolfenbüttel.
(1) Grab 21, (2) Grab 2. Ohne Maßstab
(nach Rötting 1977, Abb. 50).

übernommene stichbandkeramische Traditionen
zurückführen und mit einer Assimilation eines
Teils der Träger der stichbandkeramischen Kultur
erklären434.

429 Rötting 1983, bes. 142.
430 Vgl. Rötting 1983, bes. 142-143, 145.
431 Zu Trebur, Ldkr. Groß-Gerau, vgl. Göldner 1989; 1990; 1991, bes. 14-17; Spatz 1996a, 9; 1999. Zu Jechtingen, Ldkr.
Emmendingen, vgl. Dehn 1975, bes. 25; Dehn, Fingerlein 1977, 3; Dehn 1985. Zu Riegel, Ldkr. Emmendingen, siehe
Dehn 1987, 25-27. Zu der Nekropole von Rössen, Ldkr. Merseburg-Querfurt, vgl. Lichardus 1976, bes. 26, 34-35, 55,
217-218; Niquet 1937, bes. 41-42; Behrens 1973, 60-64.
432 Kürbis 1993, 55; 1998; 1999, 362-363. Küchenmeister 1999, 276-278; 2001.
433 Walter u.a. 1987, 125.
434 Vgl. dazu Lichardus 1976, 141; Spatz 1996, 517.

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