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Lönne, Petra
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 31): Das Mittelneolithikum im südlichen Niedersachsen :: Untersuchungen zum Kulturenkomplex Großgartach - Planig-Friedberg - Rössen und zur Stichbandkeramik — 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.68368#0242
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Den in Teilbereichen untersuchten Erdwerken
von Großenrode-14 und Obernjesa-16 konnten
Parallelen vor allem aus dem westdeutschen Raum
gegenübergestellt werden. Mit rund 190 m Durch-
messer (Innenfläche etwa 2-3 ha) stellt die Anla-
ge von Großenrode den bisher größten Vertreter
mittelneolithischer Erdwerke (Phase Planig-Fried-
berg) dar. Anhand der vorliegenden Befunde
konnte die Rekonstruktion eines ursprünglich ca.
1,2 m tiefen und auf der Sohle etwa 0,6 m breiten
Grabens sowie einer Palisade mit mutmaßlicher
Wallanschüttung wahrscheinlich gemacht wer-
den. Das chronologische Verhältnis des Großen-
roder Erdwerks und der größtenteils in dessen
Innenbereich liegenden Siedlung kann anhand
des keramischen Fundmaterials bisher nicht ein-
deutig geklärt werden - aussagefähige Befund-
überschneidungen fehlen ebenfalls. Aus der Fül-
lung des Erdwerkgrabens stammt Keramik der
Phase Planig-Friedberg bis frühes Rössen, so daß
dieser wahrscheinlich in der Phase Planig-Fried-
berg (oder früher) errichtet wurde. Das häuserbe-
gleitende Fundmaterial ist ebenfalls schwerpunkt-
mäßig diesem Horizont zuzuweisen und deutet
möglicherweise auf eine geringfügig jüngere Zeit-
stellung der Siedlung hin.
Weniger aufschlußreich sind die Erkenntnisse zum
mittelneolithischen Bestattungswesen. Eindeutige
mittelneolithische Gräber liegen aus dem Arbeits-
gebiet bisher nicht vor - die Fundumstände einiger
auffallend vollständig erhaltener Gefäße, u.a. aus
Edesheim-1 und Edesheim-3, Ldkr. Northeim,
können jedoch als mögliche Hinweise auf bei der
Entdeckung nicht erkannte Grabanlagen gedeutet
werden.
Einige Grubeninventare, vor allem aber die rössen-
zeitlichen Gräber von Wittmar, Ldkr. Wolfenbüt-
tel, bzw. weitere überregionale Vergleiche belegen,
daß die als Einzelfunde in der Regel nicht eindeu-

tig kulturell zuweisbaren, früher u.a. als „Rössener
Breitkeile“ bezeichneten Donauländischen Äxte
sowie verschiedene Schuhleistenkeil- bzw. Flach-
hackenformen und möglicherweise auch Fels-
Rechteckbeile in mittelneolithischem Kontext auf-
treten können. Im Arbeitsgebiet konnten rund 100
Donauländische Äxte sowie 34 Schuhleistenkeile
und Flachhacken erfaßt werden.
Neben der Besprechung der Steinartefakte und
anderer Fundgruppen bildet die differenzierte
Gefäßform- und Motivanalyse des keramischen
Fundmaterials den Schwerpunkt der vorliegen-
den Studie. Zur Vermeidung unnötiger termino-
logischer Verwirrungen wurde eine weitgehende
Anpassung an die jüngst von Spatz (1996) für das
mittlere Neckarland vorgelegte und auf den ge-
samten südwestdeutschen Raum und darüber hin-
aus anwendbare typo-chronologische Systematik
angestrebt. Dabei haben sich einerseits weit-
reichende Übereinstimmungen im Gefäßformen-
und Motivspektrum, andererseits aber auch nur
im Arbeitsgebiet auftretende Ausprägungen der
Ornamentik und Gefäßformen gezeigt, die als
regionaltypische Erscheinungen angesehen wer-
den können. Weitere Vergleiche weisen schließ-
lich auch auf Beziehungen zum west- und mittel-
deutschen Verbreitungsgebiet des mittelneolithi-
schen Kulturenkomplexes hin.
Den Abschluß der Studie bildet die auf den zuvor
gewonnenen Erkenntnissen basierende Diskus-
sion der chronologischen Verhältnisse sowie der
Wechselbeziehungen des Arbeitsgebietes mit den
übrigen Verbreitungsgebieten des mittelneolithi-
schen Kulturenkomplexes. Für zahlreiche Fra-
gestellungen ist dabei die für das Arbeitsgebiet
zur Verfügung stehende archäologische Quellen-
grundlage derzeit noch unzureichend, so daß
diesbezüglich aufschlußreiche Neufunde abzu-
warten sind.

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