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Mander, Carel van; Floerke, Hanns [Übers.]
Das Leben der niederländischen und deutschen Maler (Band 2) — München, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.7516#0074

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Das Leben des Malers und Poeten Joris Hoefnaghel 73

beiten verkaufte, sobald er nur eine Kleinigkeit daran ge-
macht hatte. Zu seinen Schülern 14 6 gehörte der Sohn eines
Amsterdamer Goldschmieds Namens Claes Pietersz,
der ganz linkshändig war und zu den grössten Hoffnungen
berechtigte. Leider starb er jung an einer auszehrenden
Krankheit, ebenso wie sein ältester Bruder, der ebenfalls
viel versprach.

Das Leben des Malers und Poeten Joris
Hoefnaghel von Antwerpen.

Unsere Niederländer zeichnen sich, finde ich, durch
eine gute Gewohnheit, die unter ihnen verbreitet ist, vor
anderen Völckern aus, indem nämlich die Eltern, auch
wenn sie über grossen Reichtum verfügen, ihre Kinder häufig
schon früh irgend eine Kunst oder ein Handwerk lernen
lassen, was namentlich in Kriegs- und Fluchtzeiten von
grösstem Nutzen sein kann, — sehen wir doch, dass Unglück
und Wechselfälle dieser Welt weniger Macht über die Kunst
als über den Reichtum haben, und dass die Kunst, die man
in seiner Jugend gelernt hat, häufig zum Rettungsanker in
der Not und zu einer tröstlichen Zuflucht wird, um sich vor
dem kläglichen Schiffbruch der drückenden Armut zu be-
wahren. Diese Wahrheit erfuhr auch der sehr begabte J oris
Hoefnaghel, der im Jahre 1545 141 von sehr reichen
Eltern148 geboren wurde, die gegen seine Natur ankämpfend
einen Kaufmann aus ihm machen wollten. Denn obwohl
seine Neigung sich durchaus oder doch hauptsächlich der
Malkunst zuwandte, wollten sie doch nicht leiden, dass der
Knabe zu Hause oder in der Schule das tue, wozu ihn Mutter
Natur beständig drängte und was er nicht lassen konnte.
Nahm ihm der Lehrer in der Schule das Papier fort, so fegte
er den Staub oder Sand auf dem Boden zusammen und
zeichnete mit einem Stöckchen oder dem Finger hinein, und
zu Hause verbarg er sich auf dem Speicher, um mit Kreide
 
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