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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 30.1987

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Nr. 4
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Aufsätze
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Keulen, Hermann: Das Angebot der alten Griechen an die neue Gesellschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.35878#0118

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und unterrichtspraktisch umgesetzt in
Joachim K/owsk7, Mythos und Logos in Piatons Euthyphron, m; MDAV, Sch/eswig-
7Ho/stem, Heft 2/7 987, 5. 7 - 7 7 (Wiederabdruck in; Anregung 33 77 987), Heft 6).
Als Ziele des CU, in denen sich die ,,differentia specifica des humanistischen Gymna-
siums" ausweist, nennt darüber hinaus Rainer Nickel in der Festschrift des Max-
Planck-Gymnasiums Göttingen antithetisch:
1. Die Griechen nicht verehren, sondern ihre Herausforderungen annehmen
2. Die Griechen nicht bewundern, sondern mit ihnen staunen lernen
3. Die Griechen nicht nachahmen, sondern mit ihnen empfinden
4. Die Griechen nicht nur lesen, sondern auch übersetzen
(Rainer Nicket, Griechisch — die differentia specifica des humanistischen Gymnasiums, in; Fest-
schrift des Max-Pianck-Gymnasiums Cöttingen, hrsg. von Henning Hennig u.a. (Göttingen 7 986),
5. 7 79 - 724).
Gemeinsames Kennzeichen der neueren Beiträge zur Fachdidaktik ist nicht nur der
Problem- und Fragehorizont des heutigen Menschen, ganz besonders des Jugendli-
chen, gemeinsam ist ihnen auch die Forderung nach verstärkter Öffentlichkeitsarbeit,
um das Bildungs- und Humanisierungspotential des GU offensiv in den Dialog um ei-
ne zeitgemäße und für die Zukunft tragfähige Bildung einzubringen. Dies gilt neuer-
dings vereinzelt auch für die Vertreter der Fachwissenschaft, wenn auch nur
zögerlich^. — Große Strahlkraft hingegen erhalten die Gegenstände der Antike oft-
mals dann, wenn ihrer Zeitlosigkeit in der überregionalen Presse^ beredt zu überra-
schender Aktualität^ verholfen wird^.
Gegenwärtig sind wir unter dem Motto ,,Die Allgemeinbildung ist tot — Es lebe die All-
gemeinbildung"-^ Zeugen eines erneuerten Diskurses über Bildung und
Allgemeinbildung^, während Leitbegriffe der 70er Jahre wie Emanzipation und Selbst-
bestimmung in den Hintergrund treten. Das sich beschleunigende Tempo
wissenschaftlich-technischer Entwicklung macht den Erwerb von grundlegendem Wis-
sen und grundlegenden Fähigkeiten immer dringlicher, zunehmende arbeitsteilige
Spezialisierung führt darüber hinaus immer weiter weg von einem überzeugenden Le-
benssinn.
Der GU muß deshalb in bewußter Anknüpfung an zeitnahe Existenzfragen und in der
Auseinandersetzung mit ihnen — sokratisches Erbe fortführend-^ — sein Angebot er-
bringen in das schwieriger gewordene Verhältnis von Erkenntnis und
Menschlichkeit^, um das es bei der neuaufgenommenen Diskussion der Allgemein-
bildung geht. Dabei kann der GU sich nicht allein auf einen Katalog von Fachleistun-
gen stützen, sondern er muß sich einbetten in fächerübergreifende Begründungszu-
sammenhänge, wie sie insbesondere in Philosophie und systematischer Pädagogik er-
örtert werden. Denn ,,wer heute die Alten Sprachen verteidigen will, muß seine
Schanzen weit draußen bauen, außerhalb ihres Fachgebietes"-^.
Menschliches Handeln unterliegt Wertmaßstäben, die der Selbstverantwortung und
der Mitverantwortung Richtung und Sinn geben. Personale Identität und soziale Kom-
petenz können daraus erwachsen. Die Verantwortung für diese Welt, d.h. für die
Menschen, für das geschichtliche und kulturelle Erbe, für die politischen und gesell-
schaftlichen Zustände und für die Natur sowie für die Zukunft von Mensch und Welt
sind unteilbar. Dies müssen vor allem die jungen Menschen lernen, die sich wissen-

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