Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
— 118 -

und das „neue Evangelium" eine aufsteigende Linie. Von
der griechischen Kunst in ihrem Verhältnis zur romantischen
Kunst lässt sich das nicht behaupten, und hier gibt es auch
kein Drittes, das darüber stehen könnte.
Wir müssen das Fortschrittsproblem hier fallen lassen,
um im Zusammenhang mit dem letzten Problem aller Uni-
versalgeschichte, dem Verhältnis des Endlichen zum Unend-
lichen, noch einmal darauf zurückzukommen und es von hier
aus in einer neuen Beleuchtung zu zeigen.

Kapitel VI.
Das Verhältnis des Endlichen zum Unendlichen und das
Problem der Universalgeschichte.
Unter Universalgeschichte verstehen wir eine philo-
sophische Behandlung des letzten historischen Ganzen, d. h.
der Totalität aller individuellen historischen Gebilde, soweit
sie mit Rücksicht auf aUgemeingiltige, kritisch begründbare
Werte wesentlich sind1). Die Beziehung auf die allgemein-
gütigen Werte bestimmt die Qualität der Phänomene, denen
im historischen Universum eine Stelle anzuweisen ist. Nur
diejenigen Phänomene, welche für die Verwirklichung dieser
letzten Werte von unmittelbarer Bedeutung sind, gehören
in die Universalgeschichte hinein, die ihrerseits eine Auswahl
aus der Mannigfaltigkeit der historischen Ereignisse bildet,
so wie die Geschichte eine Auswahl aus der unüberseh-
baren Mannigfaltigkeit des Gesamtgeschehens zur Darstellung
bringt. In die Geschichte gehört manches hinein, was nur
ein „historisches Interesse" und nur einen „historischen
Wert" besitzt, in der Universalgeschichte wird das dauernd
Wertvolle niedergelegt. Und nicht nur die Leistungen für
ein besonderes Wertgebiet, sondern alle Leistungen, welche
die Verwirklichung der grossen Menschheitswerte entschei-
dend gefördert haben, finden in ihr ihre Stelle und er-
schöpfen erst den Umfang des Begriffs universal-historisch.
Wir haben gesehen, dass Schelling die Universalge-
schichte besonders in der „Methode des akademischen Stu-
diums" zum Problem geworden ist. Mit feinem Takt und
Wertverständnis weiss er auch in der Philosophie der Kunst
das dauernd Wertvolle von dem historisch Wertvollen zu
unterscheiden und der Qualität der universalhistorischen
Phänomene Rechnung zu tragen, aber der Gedanke eines

1) Vgl. Rickert, Geschichtsphilosophie, Festschrift für Kuno Fischer,
Bd. II, S. 115.
 
Annotationen