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liehe Selbstbestimmtheit hingewiesen. Das Recht der Ge-
nialität wird verteidigt, die selber Regel schafft, und mit
religiöser Inbrunst ein rein persönliches Verhältnis zum Ueber-
sinnlichen gesucht.
Zu den vielen bedeutsamen Aufgaben, welche die Ge-
schichte der Philosophie stellte, gehörte in erster Linie das
Problem, die ästhetische Vernunft in dem grossen Zusammen-
hang der Menschheitsgeschichte zu begreifen, denn neben
der Philosophie selber war die Dichtkunst die wertvollste
Erscheinung in dem geistigen Leben der Nation. Die Kritik
der Urteilskraft batte der ästhetischen Vernunft im vollsten
Einklang mit dem Wertbewusstsein der Zeit eine dominierende
Stellung in dem Ganzen der menschlichen Vernunftbetätigung
angewiesen, Schiller suchte aus dem Bedürfnis der eigenen
künstlerischen Selbsterkenntnis heraus in seinen geschichts-
philosophischen Aufsätzen die Wandlungen zu verfolgen,
welche das ästhetische Bewusstsein im innigen Zusammen-
hang mit der sittlichen Entwickelung der Menschheit durch-
macht. Dem verschiedenen Verhältnis zum Reich der Natur
und zum Reich der Freiheit entsprechend, wandeln sich die
Empfindungsweise und die Ausdrucksformen des Dichter-
geistes. Aus dieser Einsicht heraus gewinnt Schiller in dem
Aufsatz über „Naive und sentimentalische Dichtung" ein
Einteilungsprinzip zur Gliederung der ästhetischen Entwicke-
lung, das in gleicher oder ähnlicher Form auf dem Gebiete
der Kunsttheorie und Geschichtspilosophie anzuwenden und
weiterzubilden die Romantik eifrig bemüht war1).
Kapitel II.
Schellings Geschichtsphilosophie und die Romantik.
Unser voriges Kapitel sollte den Stand der geschichts-
philosophischen Problembdilung im letzten Viertel des 18. Jahr-
hunderts in seinen allgemeinsten Zügen charakterisieren, um
zeigen zu können, wie Schelling in die geschichtsphiloso-
phische Bewegung eingegriffen hat und in welcher Weise
er die vorgefundenen Problemen weiterführte. Wir haben
nunmehr zu erörtern, welche besonderen Verhältnisse sich
geltend machten, um Schellings Geschichtsphilosophie die
Richtung auf das Aestetische als den letzten und höchsten
Wert zu geben, welche Grundanschauungen seiner Zeit ihn
1) Vgl. Windelband, Geschichte der Philosophie, S. 496.
liehe Selbstbestimmtheit hingewiesen. Das Recht der Ge-
nialität wird verteidigt, die selber Regel schafft, und mit
religiöser Inbrunst ein rein persönliches Verhältnis zum Ueber-
sinnlichen gesucht.
Zu den vielen bedeutsamen Aufgaben, welche die Ge-
schichte der Philosophie stellte, gehörte in erster Linie das
Problem, die ästhetische Vernunft in dem grossen Zusammen-
hang der Menschheitsgeschichte zu begreifen, denn neben
der Philosophie selber war die Dichtkunst die wertvollste
Erscheinung in dem geistigen Leben der Nation. Die Kritik
der Urteilskraft batte der ästhetischen Vernunft im vollsten
Einklang mit dem Wertbewusstsein der Zeit eine dominierende
Stellung in dem Ganzen der menschlichen Vernunftbetätigung
angewiesen, Schiller suchte aus dem Bedürfnis der eigenen
künstlerischen Selbsterkenntnis heraus in seinen geschichts-
philosophischen Aufsätzen die Wandlungen zu verfolgen,
welche das ästhetische Bewusstsein im innigen Zusammen-
hang mit der sittlichen Entwickelung der Menschheit durch-
macht. Dem verschiedenen Verhältnis zum Reich der Natur
und zum Reich der Freiheit entsprechend, wandeln sich die
Empfindungsweise und die Ausdrucksformen des Dichter-
geistes. Aus dieser Einsicht heraus gewinnt Schiller in dem
Aufsatz über „Naive und sentimentalische Dichtung" ein
Einteilungsprinzip zur Gliederung der ästhetischen Entwicke-
lung, das in gleicher oder ähnlicher Form auf dem Gebiete
der Kunsttheorie und Geschichtspilosophie anzuwenden und
weiterzubilden die Romantik eifrig bemüht war1).
Kapitel II.
Schellings Geschichtsphilosophie und die Romantik.
Unser voriges Kapitel sollte den Stand der geschichts-
philosophischen Problembdilung im letzten Viertel des 18. Jahr-
hunderts in seinen allgemeinsten Zügen charakterisieren, um
zeigen zu können, wie Schelling in die geschichtsphiloso-
phische Bewegung eingegriffen hat und in welcher Weise
er die vorgefundenen Problemen weiterführte. Wir haben
nunmehr zu erörtern, welche besonderen Verhältnisse sich
geltend machten, um Schellings Geschichtsphilosophie die
Richtung auf das Aestetische als den letzten und höchsten
Wert zu geben, welche Grundanschauungen seiner Zeit ihn
1) Vgl. Windelband, Geschichte der Philosophie, S. 496.