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Meyer, Julius [Editor]; Nagler, Georg Kaspar [Oth.]
Allgemeines Künstler-Lexikon: unter Mitwirkung der namhaftesten Fachgelehrten des In- u. Auslandes (Band 2): Appiani - Domenico del Barbiere — Leipzig: Engelmann, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.49923#0212
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200

Silvestro dall’ Aquila

Pompeo dall’ Aquila.

Vögeln. Obenauf stehen acht Statuetten von
Heiligen. Ein besonderes Interesse gewähren
die historischen Reliefs. Auf der Rückseite des
Monumentes ist die Auferstehung Christi dar-
gestellt, auf der Vorderseite die Himmelskönigin
Maria, auf Wolken thronend, die über beflügel-
ten Engelköpfen schweben oder ruhen. Auf ih-
rem Schoosse steht das nackte Christkindchen;
von der rechten Hand der Mutter leise umfasst,
stützt es den linken Arm an deren Schulter
und segnet mit erhobener Rechten den Do-
nator Giacomo, der kniend vor ihm betet und
hinter dem S. Bernardino als fürbittender Schutz-
patron sich befindet. Maria aber neigt ihr Haupt
nach der anderen Seite, wo sich Giovanni Ca-
pistrano, die Kreuzesfahne im Arm, mit leiden-
schaftlicher Bewegung zur Erde niedergeworfen
hat.
Der Bau der Kirche San Bernardino, für welche
auch Luca della Robbia ein Altarwerk lieferte,
wurde für die Erweckung und Ausbildung der
Renaissance in Aquila von grosser Bedeutung.
Der Annalist Cirillo weist auf die schönen Grab-
denkmäler hin, die sich nun auch Privatleute in
verschiedenen Kirchen errichten liessen. Aber
man beachte wol, äusser Silvestro und Salvato
nennt er keinen einzigen anderen Bildhauer.
Und schon darum dürfte man Leosini beipflich-
ten, wenn er das prächtige Monument der Gräfin
Maria Pereira von Montorio dem Silvestro zu-
spricht. Man könnte auch an Salvato, oder
wiederum an beide Künstler als die gemeinsa-
men Urheber des Werkes denken. Allein auf
keinen Fall wird man mit Perkins Andrea dall’
Aquila als den Meister ansprechen. Denn sein
Stil ist so lange unbekannt, als uns unbekannt
bleibt, welche Arbeiten gerade von ihm am
Triumphbogen des Alfonso in Neapel ausgeführt
worden sind. Ausserdem aber ist zu beachten,
dass Andrea etwa 30 Jahre früher inBlüte stand,
ehe das Denkmal der Gräfin Pereira zur Aus-
führung kam, und dass Andrea’s Name bei den
Annalisten von Aquila gar nicht erwähnt wird.
Im J. 1475 besuchte König Ferdinand mit sei-
nem Sohne Alfonso die Stadt Aquila und das
Heiligthum Bernardino’s. Wahrscheinlich lernte
er damals Silvestro kennen und lud ihn dann
zu der Mitarbeit am Triumphbogen des Alfonso
ein, der auch damals noch lange nicht vollendet
war.
Dem Silvestro werden auch Bilder in der Ge-
mäldesammlung des Marchese Dragonetti zu
Aquila zugeschrieben.
s. Bernardino Ciri 11 o Aqnilano, Annali della
cittä dell’ Aquila. Koma 1570. p. 77. •—■ Leo-
sini, Storia e Mon. art. di Aquila. p. 197. —
Perkins, Lessculpteursltaliens.il. 51. 72.
I. 244. — Schulz, Denkmäler der Kunst des
Mittelalters in Unteritalicn. II. 73. 75. 206. 255.
III. 91. 108.
Abbildung des Vorderreliefs vom Sarkophage
Bernardino’s in Perkins, Atlas, Taf. XLV1I.
No. 3.

Aquila. Andrea dall’ Aquila, Bildhauer
aus Trient, in der ersten Hälfte des 16. Jahrh.,
soll unter deutschen oder tiroler Bildhauern stu-
dirt, und durch seinen halb italienischen, halb
deutschen Stil zum Verfalle der Bildhauerei
in Norditalien beigetragen haben. Für die
Kirche S. Maria del Crocechieri in Venedig
lieferte er 1525 die Statue einer Madonna (blos
überlieferte Nachricht). Moschini erwähnt noch
eine andere Madonna von seiner Hand mit sei-
nem Namen bezeichnet, setzt aber den Künst-
ler mit Unrecht an das Ende des 17. Jahrh. Ein
grösseres Werk von ihm, eine Altartafel mit der
Madonna zwischen zwei Heiligen in Marmor, in
der längst niedergerissenen Kirche delle Vignole
und ebenfalls mit seinem Namen, scheint nicht
mehr vorhanden zu sein.
s. Den Art. Andrea dell’ Aquila. I. 698. —
Dazu: Zani, Encicl. — Cicogna, Iscrizioni
Venete. II. 124. — Cicognara, Storia della
Scultura. III. 107. —Moschini, Guidadi Ve-
nezia. I. 667. II. 557. — Mothes, Geschichte
der Baukunst etc. II. 227.
Jansen.
Aquila. Pompeo dall’ Aquila, neapoli-
tanischer Maler, wahrscheinlich um die Mitte des
16. Jahrh., geb. zu Aquila in den Abruzzen, und
deswegen auch Pompeo Aqnilano genannt,
wird zuerst als ein sehr achtbarer Künstler von
Orlandi erwähnt. Dieser Schriftsteller sah von
ihm zu Rom sehr schöne Feder- und Aquarell-
zeichnungen, ferner ein Gemälde der Kreuzab-
nehmung in der Kirche S. Spirito in Sassia,
von sorgsamer Behandlung und lieblicher Far-
bengebung (Mündler fand in dem Gemälde einen
gewissen Anschluss an den Geschmack des Par-
migianino). Viele andere Malereien wurden Or-
landi gezeigt, als er durch die Vaterstadt des
Künstlers kam. Die dortigen Freskogemälde of-
fenbarten ihm die Hand eines grossen Meisters.
Baglione und die andern Kunstgeschichtschrei-
ber der nächsten Zeit übergehen unsern Künstler
mit Stillschweigen ; doch erwähnen ihn Dome-
nici und Lanzi, wiederholen indess nur Orlandi,
wie auch Titi nur des Bildes in S. Spirito ge-
denkt [Notiz von Jansen). Gandellini macht ihn
auch zum Kupferstecher, aber mit Unrecht; er
soll mehrere Blätter verfertigt haben, welche
dem Orazio de’ Santi zugeschrieben werden, z. B.
den Kampf des h. Georg mit dem Drachen. Die-
ser Kupferstich trägt freilich keinen andern
Künstlernamen als denjenigen des Pompeo Aqui-
lano ; allein der dabei befindliche Zusatz inven-
tor bezeichnet ihn nur als Erfinder, und man
kann nicht zweifeln, dass jenes Blatt von O. de’
Santi gestochen ist. Von demselben Kupferste-
cher, wie Pompeo aus Aquila gebürtig, sind auch
mehrere andere Blätter fiach diesem, obschon er
darauf nur als Verleger (Horatius Aquilanus for-
mis) genanntwird; und die Jahrzahlen 1568,1572,
1 573 und 1574, womit er seine Kupferstiche be-
zeichnet hat, lassen vermuten, dass Pompeo um
 
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