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Meyer, Julius [Hrsg.]; Nagler, Georg Kaspar [Bearb.]
Allgemeines Künstler-Lexikon: unter Mitwirkung der namhaftesten Fachgelehrten des In- u. Auslandes (Band 2): Appiani - Domenico del Barbiere — Leipzig: Engelmann, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.49923#0214
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202

Pietro Aquila,

glücklichen Nacheiferer des Pietro Santi Bartoli;
seine Art zu radiren hat in der That viel Aehn-
liches mit derjenigen dieses Meisters, und beide
können Kupferstecherlehrlinge in derselben
Werkstatt gewesen sein, allein P. Aquila ent-
wickelt eine grössere Virtuosität in der Führung
der Radirnadel und bringt es mit diesem Instru-
ment allein zu einer Kraft und Genauigkeit,
welche Pietro Santi Bartoli nur durch Beimi-
schung von Grabstichel- und trockener Nadel-
arbeit erreichte. Er zeichnete meisterlich in der
derben, handfesten Manier seines Zeitalters und
wählte Malerwerke von grossem Umfang zu sei-
nen Aufgaben, für welche, wie aus den Auf-
schriften auf seinen Stichen erhellt, die Zeich-
nungen von ihm selbst nach den Originalgemäl-
den verfertigt wurden. Wenn er sich mit Ra-
faels Werken befasste, leistete er eben nichts
Vorzügliches, weil ihn dabei mehr seine eigene
Gefühlsweise als die genaue Untersuchung des
Vorbildes leitet, in dessen edle Reinheit und
Einfachheit er sich nicht hineinfinden konnte.
Das von ihm nach diesem Meister ausgeführte
grosse Blatt der Konstantinsschlacht ist immer-
hin ein höchst achtungswerther Beweis seiner
Geschicklichkeit im zarten und zugleich kräfti-
gen Radiren; allein seine gelungensten Blätter
sind unstreitig diejenigen, welche er nach Ann.
Carracci, C.Maratti, P. Berrettini, G. Lanfranco
u. s. w. verfertigte. Diese Meister verursachten
ihm keine Schwierigkeit im Nachkommen und
Nachempfinden ; ihre Art zu fühlen und zu zeich-
nen stimmte vollkommen überein mit der seini-
gen, und er hatte dabei so zu sagen nur sich
selbst nachzuschreiben. Er radirte mit vieler
Freiheit, Sicherheit und Leichtigkeit. DieStriche
sind frei geschwungen ; die Schraffirungen folgen
den Formen der Muskeln und den Falten der
Draperien, sind enge, ungleich je nach Art der
verschiedenen Gegenstände, und an den dunkeln
Stellen mit zwei oder drei, selten mit vier Strich-
lagen über einander bewirkt, aber ordentlich
angelegt und frei ausgeführt. Die Schatten sind
mit Punkten und Strichelchen vertriebet oder,
wie man in der alten Kunstsprache sagte, ver-
schlimmert. Wenn P. Aquila auf solche Weise
das harmonische Verlaufen der Schatten gegen
das Licht glücklich bewirkte, so gelang es ihm
dagegen nicht Gesammtwirkung in seine Stiche
hineinzubringen, weil er seine Lichter ungebühr-
lich zerstreute und durch diesen Mangel an Run-
dung und konzentrirter Beleuchtung seinen Blät-
tern ein flaches, haltungsloses Aussehen gab.
Seine behende, geistreiche und leichte, weder
allzu ausführliche noch allzu skizzenhafte Art
zu radiren kann man besonders beurtheilen aus
der Folge von acht Blättern nach Lanfranco’s
Deckengemälde in der Villa Borghese zu Rom,
welches die Götterversammlung auf dem Olymp
darstellt. P. Aquila entwickelte seine ganze
Kunstfertigkeit in dieser Arbeit, die zu seinen
besten Leistungen gehört. Alle seine Werke be-

zeugen gründliche Kenntnisse. Die Extremitäten
seiner Figuren sind durchweg von gutem Ver-
hältniss, die Köpfe ausdrucksvoll und die Cha-
raktere treu beibehalten, aber die Umrisse an
den lichten Stellen und im Faltenschlage der
Gewänder oft zu hart. Seine Blätter haben mei-
stens den ganz ausgeschriebenen Namen : Pietro
Aquila sculp., Petrus Aquila delin. et incidit;
bisweilen ist er folgendermassen abgekürzt:
P— Aq—, P. Aqa. sculp., Pet. Aqa. delin. et f.;
nur einmal, so viel ich weiss, finden sich die An-
fangsbuchstaben des Tauf- und Familiennamens
verbunden .
s. Lanzi, Storia Pittorica. II. 288. — Hei-
neken, Dict. — Huber und Rost, Handbuch
für Kunstliebhaber. IV. 109. — Le Blanc,
Manuel.
A, Blätter von seiner eigenen Erfindung.
1) Die Anbetung der Könige. Pol.
2) Die kleine Flucht nach Aegypten, wo die Ma-
ria, mit dem Kinde in ihren Armen, auf dem
Esel sitzt, welchen Joseph am Zügel führt; zwei
Essvorrath tragende kleine Engel gehen vorauf,
qu. 4.
3) Die grosse Flucht nach Aegypten, wo Joseph
Datteln pflückt; drei kleine Engel flattern in der
Luft. Fol.
4) Hl. Familie. Maria hat neben sich den hl. Jo-
seph und auf ihrem Schoosse das Christuskind,
das mit der Hand nach dem Kreuze greift, wel-
ches der kleine Johannes hält, und dieser küsst
ihm die Füsse. Maria und Joseph sind Halbfi-
guren. Bezeichnet: D. Pietro Aquila f. 4.
Dieses Bl. hat keine andere Aufschrift, als
die eben angeführte: man findet oft angegeben,
dass es nach C. Maratti radirt sei; allein das ist
keineswegs gewiss. P. Aquila war nicht bloss
Kupferätzer ; er zeichnete und malte, und kann
sehr wol dieses Bl. nach seiner eigenen Erfin-
dung ausgeführt haben. Ich für mein Theil
zweifle nicht daran.
5) Diana mit ihren Nymphen im Bade von Aktäon
überrascht; Komposition von fünf Figuren. Im
Vordergründe, unten in der Ecke links: P- Aq-
kl. qu. Fol.
6) Eine weibliche Figur, im Vordergründe einer
Landschaft neben einem Baum sitzend; sie
stützt die linke Hand auf einen Stein, der ihr
als Sessel dient, und hält in der andern Hand
einen Apfel. 8.
I. Unten links das Zeichen: 7^^ ‘
II. Unten links folgende Inschrift: Pietro
Aquila inventor et fecit.
7) Ein bärtiger Mannskopf, 3/4 rechts. Unterschrift:
Pietro Aquela inventor et fecit. 8.
8) Die Bildnisse der römischen Kaiser, nach den im
Miinzkabinet der Königin Christine von Schwe-
den befindlichen antiken Medaillen gezeich-
net und chronologisch geordnet, von Julius Cä-
sar bis auf Kaiser Leopold I. Romae anno Sal.
mdclxxxi. Cura et sumptibus Io. Jacobi de
Rubels. 160 Medaillons auf 14 Platten, gr, Fol.
 
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