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Meyer, Julius [Editor]; Nagler, Georg Kaspar [Oth.]
Allgemeines Künstler-Lexikon: unter Mitwirkung der namhaftesten Fachgelehrten des In- u. Auslandes (Band 2): Appiani - Domenico del Barbiere — Leipzig: Engelmann, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.49923#0510
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498

Giovanni Bernardo Azzolini

Jacomo Azzolini.

Aufträge; so brachte er für ihn in vier Halbfigu-
ren »die vier letzten Dinge«, d. h. vier Zustände
der Seele nach dem Tode, in farbigem Wachs zur
Darstellung (die Seele in der Gestalt eines Kin-
des innerhalb eines Skelets, im Fegefeuer, im
Paradiese, in der Hölle). Man rühmte hier die
unsagbare Genauigkeit und Feinheit der Aus-
führung und die Wahrheit des Ausdrucks. Letz-
teren bewunderte man auch in einem lachenden
und einem weinenden Kind, die Freude und
Schmerz des Erdenlebens versinnlichen sollten.
Auch in großen Oelgemälden offenbarte Azzolini
ein nicht gewöhnliches Talent. Für den Haupt-
altar der Monache Turchine in Genua verfer-
tigte er eine Verkündigung und für die Kirche
S. Giuseppe eine hl. Apollonia (mit besonders
realistischer Darstellung der Henker, die dieser
Märtyrin die Zähne ausbrechen).
Im patriotischen Eifer, für seine Heimat Neapel
mit Einem Male anstatt Eines berühmten Künst-
lers deren zwei zu gewinnen, ließ sich Dominici
verleiten, Azzolini und Asoleni als zwei ver-
schiedene Personen aufzustellen. Dass bei Soprani
die Jahreszahl 1510 nur ein Druckfehler für 1610
war, wollte er durchaus nicht bemerken, und so
war es ihm dann allerdings nicht schwer, beide
Namen durch ein volles Jahrhundert auseinander
zu halten. Allein jener Druckfehler ist ganz
unzweifelhaft, und die Namen Azzolini und
Asoleni sind nichts weiter als verschiedene
Schreibweisen. Daher sind die Werke, welche
Dominici dem Asoleni zuweist, für Azzolini an-
zusprechen: eine Magdalena und eine Ursula
im Hause der Herren Valletta in Genua, bei
dem Neapolitaner Camillo Barbarese vier Ge-
mälde mit Heiligengeschichten, an denen äusser
den Figuren die Landschaften, die Blumen und
Früchte als artig und schön hervorgehoben
werden. Eine Madonna mit vielen Heiligen, das
Bild des Hauptaltars von S. Filippo Neri in
Neapel, ist von Giovan Bernardino Siciliano.
Vielleicht ist dieser Meister mit dem unserigen
ein und dieselbe Person.
Dominici lässt seinen Asoleni erst in verschie-
denen Orten Italien’s und sogar Deutschland’s
verweilen, dann nach Neapel zurückkehren und
hier sterben. Aber seine Quellen dafür gibt er
nicht an. Es ist zu bedauern, dass so wenig
Sicheres über Azzolini bekannt ist. Sehr wahr-
scheinlich ist er derselbe Giovanni Bernardo,
mit welchem Giulio Cesare Capaccio in Brief-
wechsel stand. Der »Segretario« dieses Schrift-
stellers wurde 1589 in Rom gedruckt, und aus
ihm hat Bottari ein Schreiben an Giovanni Ber-
nardo mitgetheilt. Daraus erfahren wir, dass
Giovanni Bernardo in wahrhaft feindseliger Ri-
valität mit Marco da Siena stand. Marco, Schüler
des Perin del Vaga und Nachahmer Michelangelo’s,
gefiel sich in der Darstellung gewaltiger Körper-
formen und verstand sich nicht auf harmonische
Farbenverschmelzung; dagegen strebte G. Ber-
nardo nach Anmut und Feinheit.

Mariette macht darauf aufmerksam, dass Fr.
Pacheco 1649 in seinem Buche Arte de la Pin-
tura etc. wiederholt des Juan Bernardino ge-
denkt: er wird hier wegen seiner Arbeiten in
farbigem Wachs;gepriesen, welche er auf einem
Raum von der Größe der kleinsten Münzen zu
verfertigten wusste. Mariette sah bei M. de
Julienne ein kleines Porträt modellirt in farbigem
Wachs in Form einer Medaille und hielt es für
ein Werk des G. Bernardino. Der neue Heraus-
geber des genannten Buches führt dabei aus
einem Verkaufskatalog von 1767 an: Zwei Büsten
von Jesuiten, Pendants, in kolorirtem italieni-
schem Wachs etc., 20 lire 10 sous, und hält diese
mit den von Mariette gesehenen für identisch.
s. Soprani, Vite de’ pittori etc. Genovesi. I. 417.
— Orlandi, Abecedario, ahnte den Fehler 1510
statt 1610 bei Soprani, fand Asoleni im Ver-
zeichniss der Akademiker von S. Luca in Rom
unter der Jahreszahl 1618 und hielt diesen Na-
men für identisch mit Azzolini. — Mariette,
Abecedario, theilt Orlandi’s Ansicht und beweist
sie, bemerkt aber, dass in Missirini, Memorie
per servire alla storia di S. Luca, kein Asoleni
oder Azzolini erwähnt wird. — Bottari, Rac-
colta VI. 2, findet, dass unter Giov. Bernardo
(Vgl. V. 35) Azzolini gemeint ist. Mit Bottari
stimmt überein Fr. Pacheco, Arte de la Pin-
tura etc. Sevilla 1649. pp. 26 und 29 (Vgl. Ma-
riette). — Zani, Encicl., ist entschieden für die
Identität Asoleni’s mit Azzolini. — Dominici,
Pittori etc. Napolitani. II. 407, stellte trotz
Orlandi zwei verschiedene Künstler auf: Giov.
Bernardo Asoleni und Giov. Bernardo Azzolini.
Sein Irrthum breitete sich weiter aus. Ihmfolgten
Grossi, Le belle arti in Napoli II. 76 und 110,
und Boni, Bfografia. — Lanzi, Storia pittor.
II. 340, und Rosini, Storia della pitturaV. 39,
haben nicht bemerkt, dass 1510 bei Soprani nur
ein Druckfehler ist.
Jansen.
Azzolini. Antonio Maria Azzolini, Ar-
chitekt und. Ingenieur, Generalbaudirektor des
Herzogthums Mantua, geb. 1687, f 1754, galt für
den erfahrensten Mann seiner Zeit in Wasser-
bauten. Man sah ehedem in der jetzt aufgeho-
benen Kapuzinerkirche sein Epitaphium. Unter
seinen Werken nennt man insbesondere die
Brücke de’ Mulini, die er 1752 neu erbaute, als
trefflichen Bau.
s. Codde, Memorie biografiche dei Pittori etc.
Mantovani. p. 9. — Susani, Nuovo prospetto
della pittura etc. di Mantova. 1830. p. 105.
Alex. Pinchart.
Azzolini. Jacomo Azzolini, Baumeister
und Dekorationsmaler, Italiener von Geburt,
war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. zu
Lissabon beschäftigt, wohin ihn Bibiena be-
rufen hatte, um bei dem Bau des königlichen
Theaters zu helfen. Nach dem Erdbeben von
1755 ging er nach Coimbra, und war dort bei
dem Bau des Seminars thätig, aber 1767 oder
1768 berief man ihn nach Lissabon, um die De-
korationen am königlichen Theater von Ajuda
zu leiten; dieses Amt verwaltete er bis an seinen
 
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