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Die chinesische Malerei

“Tnter den Künsten der ostasiatischen Kulturwelt steht die hohe Kunst der
Malerei, von der in hohem Maße die Gerätekünste abhängig sind, im
’L ✓ Mittelpunkt. Die äußere Form ist erstens das Rollbild auf Seide oder
Papier in Wasserfarben gemalt in Brokatstoffumrahmung oder wo der ur-
sprüngliche Stoff nicht mehr vorhanden, auf weißen Seidenatlas wieder neu
aufgezogen. Zweitens die Querrolle (das Maki-mono), welche von rechts nach
links aufgerollt wie eine Manuskriptrolle betrachtet wird, wobei man von rechts
wieder zurollt, so daß es möglich ist, eine ganz lange Rolle auf einem kleinen
Tischchen zu betrachten; die Querrollen sollen aber liegend betrachtet werden.
Drittens das Albumblatt, das aber wohl erst aus alten zerschnittenen Breit-
rollen (Maki-mono) entstanden ist. Die Hängerolle ist zwischen einem unteren,
schweren und einem oberen leichten Stab aufgezogen.
Die mit der Zeit entstehenden Brüche in der Seide wurden sorgfältigst repariert,
man kann sie sehen, wenn man die Bildfläche gegen das Licht hält, sie sind
eine gewisse Bürgschaft für das Alter des Bildes. In den Maßangaben des
Kataloges ist die äußere Stoffumrahmung als Gesamtgröße angegeben, in den
Tafeln steht nur die Größe der eigentlichen Bildfläche.
Die Bildrollen ruhten, stets sorgfältigst zusammengerollt, in eigenen Kästen,
und wurden, wie die sonstigen, edlen, ostasiatischen Kunstgeräte nur bei fest-
lichen Anlässen hervorgeholt, wobei bei den Rollbildern besonders die passen-
den Stimmungen der Jahreszeiten beachtet wurden.
Die Landschaftsmalerei, wohl aus der Kalligraphie hervorgegangen, soll für
den chinesischen Betrachter reiner Ausdruck einer seelischen Stimmung sein,
keinerlei genaue Abschilderung eines bestimmten Naturausschnittes oder körper-
hafter Darstellung mit Licht und Schatten.
Die tiefen, naturphilosophischen Gedanken des Taoismus, die lyrische Stimmung
eines Naturgedichtes, oft selbst vom Maler-Dichter oben in das Bild geschrieben,
inspirierten den Künstler zu seinem Bild. Die Schöpfer dieser Gemälde gehörten
in früheren Zeiten sämtlich zu der Klasse der Gebildeten, der Gelehrten und
Staatsmänner, Dichter und Philosophen, die es verschmähten, aus ihrer Kunst
ein Gewerbe zu machen.
Ich kann hier nicht weiter auf dieses hochinteressante Kunstgebiet eingehen.
Das Schönste und Tiefste, was sich darüber sagen läßt, hat uns Professor
Dr. E. Grosse in seinem Werk „Die ostasiatische Tuschmalerei“, Bd. VI der
Kunst des Ostens, Verlag Cassirer, Berlin, gegeben, worin besonders die schwer-
zugängliche Tuscbmalerei im Geiste der Zen-Philosophie dem Verständnis in
 
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