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Liening, Simon; Universität zu Köln [Contr.]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Das Gesandtschaftswesen der Stadt Straßburg zu Beginn des 15. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 63: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.57729#0109
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108

III. Kontextbezogene Herausforderungen für Straßburger Gesandtschaften

Ausdruck eines kurfürstlichen Machtstrebens,461 wohingegen Schubert dieser
Auslegung der von ihm als „Machthistoriker" bezeichneten Fachkollegen
gänzlich widersprach. Schubert plädierte dafür, den Grund für das Ende der
Königsherrschaft Wenzels im Verantwortungsbewusstsein der rheinischen
Kurfürsten für das Reich zu suchen. Diese hätten den Herrscher nicht zum
Zwecke des eigenen Machtausbaus, sondern zu Gunsten des Reiches abge-
setzt.462 Martin Kaufhold betonte die inaktive Haltung Wenzels zur vermehrt
formulierten Kritik an seiner Königsherrschaft und sah darin einen Hauptgrund
für seine Absetzung. Die ursprüngliche Kritik am Herrscher allein sei daher nicht
die Hauptursache gewesen, sondern vielmehr das Ignorieren dieser Kritik.463
Auch die Städte des Reichs wurden, wenn auch nur marginal, in derartige
Überlegungen der Forschung mit einbezogen, da sowohl die Parteigänger
Wenzels als auch die rheinischen Kurfürsten versuchten, sie für die eigene Po-
sition zu gewinnen. Dementsprechend beschränkten sich die meisten Darstel-
lungen auf die Rolle der Städte als Adressat der verschiedenen Interessengrup-
pen und gingen städtischen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Königsab-
setzung nur vereinzelt und dabei oftmals nicht aus der Perspektive einzelner
Städte nach.464 Zwar wurden die Städte des Reiches durch die Kurfürsten nur
marginal in den Absetzungsprozess eingebunden, doch lassen sich dennoch
einige Aktivitäten von städtischer Seite gut nachvollziehen. Die Kurfürsten
suchten zwar den Kontakt zu den Städten und wollten sich ihrer Unterstützung
im Falle einer Absetzung Wenzels sicher sein, so der bisherige Konsens in der
Forschung. Doch die Kurfürsten waren nicht bereit, die Städte mit genaueren
Informationen bezüglich der eigenen Pläne zu versorgen. Die Städte nahmen
daraufhin in der Auseinandersetzung zwischen Kurfürsten und König eine eher
vorsichtige und beobachtende Haltung ein. Während Eberhard Holtz das daraus
resultierende Verhalten der Städte, die die Pläne einer Königsabsetzung zu-
mindest nicht offiziell unterstützten, als abwartende Haltung charakterisierte,465
entgegnete Emst Schubert, den städtischen Obrigkeiten sei vielmehr an einer
„innerstädtischen Machtbalance" gelegen gewesen. Er konstatierte demnach
eine gewisse Vorsicht bei den städtischen Entscheidungsträgem, da dem „kö-
nigstreuen gemeinen Mann" eine Herrscherabsetzung nicht zuzumuten gewe-
sen wäre. Weiterhin verwies Schubert darauf, dass das Festhalten an Wenzel
auch auf die Eidesleistungen der Städte gegenüber dem Luxemburger zurück-
zuführen sei. Eine Unterstützung der Kurfürsten in der Absetzungsfrage wäre
einem Eidbmch gleichgekommen. Dabei sei dem „Treuebekenntnis zu Wenzel"
ein Aushandlungsprozess unter den Städten vorausgegangen.466 Bezüglich des

461 Hierzu bereits Jörg, Gesandte.
462 Schubert, Königsabsetzung, S. 364-376. VgL hierzu auch Kaufhold, Rhythmen, S. 300.
463 Kaufhold, Rhythmen, S. 300 f.
464 Mit stärkerem städtischen Fokus Holtz, Reichsstädte, der jedoch auch die Rolle der Städte als
Adressaten der unterschiedlichen Parteien in den Vordergrund stellt und die abwartende Hal-
tung dieser betont, hier S. 185. Zudem zuletzt insbesondere bzgl. städtischer Gesandtschaften
Jörg, Gesandte.
465 Holtz, Reichsstädte, S. 186.
466 Schubert, Königsabsetzung, S. 393 f., Zitat auf S. 394.
 
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