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Liening, Simon; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität zu Köln [Mitarb.]
Das Gesandtschaftswesen der Stadt Straßburg zu Beginn des 15. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 63: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.57729#0108
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III. Kontextbezogene Herausforderungen für
Straßburger Gesandtschaften
Dieses Kapitel widmet sich den spezifischen Herausforderungen der Gesandt-
schaftsmissionen in den drei ausgewählten Fallbeispielen der vorliegenden
Studie. Vorrangiges Ziel ist es dabei, die kontextbezogenen Aktivitäten der Ge-
sandtschaften darzulegen und spezielle Anforderungen zu benennen. Der
Schwerpunkt wird an dieser Stelle somit auf einem Überblick über das breite
Tätigkeitsfeld von Straßburger Gesandtschaften zu Beginn des 15. Jahrhunderts
liegen. Auch wenn innerhalb der einzelnen thematischen Teilkapitel aus prag-
matischen Gründen zumeist eine chronologische Darstellung erfolgt, werden
nicht immer alle Gesandtschaftsmissionen der Fallbeispiele berücksichtigt wer-
den können. Insbesondere die zahlreichen Aktivitäten von Straßburger Ge-
sandtschaften zur Zeit des Konstanzer Konzils, aber auch im Kontext des Mar-
bacher Bundes können nicht Mission für Mission behandelt werden. Es geht im
Folgenden daher nicht vorrangig darum, eine Ereignisgeschichte der gewählten
Fallbeispiele nachzuzeichnen, sondern Anforderungen an und Herausforde-
rungen für Straßburger Gesandtschaften festzustellen.

1. Thronwechsel
Im Jahr 1400 stellte sich im deutschen Reich eine ungewöhnliche Situation ein,
nachdem die vier rheinischen Kurfürsten im August des Jahres König Wenzel
abgesetzt und den Pfälzer Ruprecht zum neuen König gewählt hatten. Die Ab-
setzung eines Königs war unüblich und von den Kurfürsten zuvor noch nicht
durchgeführt worden. Ihr Handeln rechtfertigten sie damit, dass Wenzel dem
Reich in vielerlei Hinsicht geschadet habe. Aufgrund ihrer Verantwortung für
das Reich sei schlussendlich die Absetzung Wenzels vorangetrieben und Ru-
precht zum neuen König gewählt worden. Die Vorwürfe gegenüber Wenzel
bezogen sich vorrangig auf dessen Untätigkeit in Reichsangelegenheiten und
seine mangelnde Initiative in der Beseitigung des Schismas. Insbesondere un-
tersuchte und diskutierte die Forschung den Vorgang von den Ursprüngen bis
zur Absetzung Wenzels und die damit verbundenen Absichten der Kurfürsten,
die Frage der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens und die verschiedenen Einflüsse
auf den Absetzungsvorgang und die Absetzungsurkunde. Innerhalb der Dis-
kussion haben sich bezüglich der Deutung der Motivation der Kurfürsten bei der
Absetzung Wenzels zwei dominierende und gegensätzliche Positionen heraus-
gebildet. Stellvertretend stehen hierfür insbesondere die Arbeiten von Alois
Gerlich459 und Emst Schubert460. Alois Gerlich interpretierte die Absetzung als

459 Vgl. hierzu Geruch, Habsburg.
460 Vgl. hierzu Schubert, Königsabsetzung.
 
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