8 I. Unsere Antikenkenntnis vor 1800
Schustersohnes binnen weniger Jahre gelang, seinen Bau aus
solchem Material haltbar und auf längere Zeit ausreichend auf-
zuführen.
Indessen an zwei Stellen hatte doch Winckelmann über den
römischen Gesichtskreis hinausblicken können. Im königlichen
Palaste zu Portici wurden in ängstlicher und eifersüchtiger Hut
die Schätze aufbewahrt, die der Boden von Herculaneüm ge-
spendet hatte. Bekanntlich war den ersten Nachgrabungen im
Jahre 1711, denen die »Herculanerinnen« in Dresden entstammen,
bald ein Verbot gefolgt diesen Spuren weiter nachzugehen. Erst
im Jahre 1738 nahm die Regierung selbst die Ausgrabungen
wieder auf und setzte sie nun mehr als ein Vierteljahrhundert, bis
1766, fort. Den Glanzpunkt bezeichnete um 1753 die Aufdeckung
der villa dei papiri, in der nicht bloß die Bibliothek des für
epikureische Philosophie interessierten Besitzers, sondern auch etwa
hundert Werke der Plastik zum Vorschein kamen, neben Marmor-
werken namentlich eherne Statuen und Büsten. Handelte es sich
auch hier wiederum nur um Kopien älterer Werke, so bot doch
die bisher nirgends geschaute Menge von Erzbildern einen ganz
neuen Eindruck und wies nachdrücklich darauf hin, wie unvoll-
kommen das Erz der Originale in den üblichen Marmorkopien
zu seinem Rechte kommt. Außerdem aber eröffnete die Fülle
antiken Erzgerätes einen Einblick in die reiche Formenschönheit,
mit der das antike Kunsthandwerk das ganze Leben einer alten
Stadt, selbst einer Provinzialstadt zweiten oder dritten Ranges, ge-
schmückt hatte. Nicht minder erschlossen die Malereien der
Wände, die rein dekorativen sowohl wie die größeren Gemälde,
der Forschung ein ganz neues Feld. Denn wie weniges der Art
bot Rom: einige verloschene Reste in den sogenannten Titus-
thermen (richtiger dem Goldenen Hause Neros) und die soge-
nannte aldobrandinische Hochzeit! Somit gewährten die Alter-
tümer von Herculaneüm nach verschiedenen Seiten Eindrücke und
Aufschlüsse, welche den engen Kreis römischer Anschauungen
ganz wesentlich erweiterten. Ein großes Kupferwerk machte diese
Schustersohnes binnen weniger Jahre gelang, seinen Bau aus
solchem Material haltbar und auf längere Zeit ausreichend auf-
zuführen.
Indessen an zwei Stellen hatte doch Winckelmann über den
römischen Gesichtskreis hinausblicken können. Im königlichen
Palaste zu Portici wurden in ängstlicher und eifersüchtiger Hut
die Schätze aufbewahrt, die der Boden von Herculaneüm ge-
spendet hatte. Bekanntlich war den ersten Nachgrabungen im
Jahre 1711, denen die »Herculanerinnen« in Dresden entstammen,
bald ein Verbot gefolgt diesen Spuren weiter nachzugehen. Erst
im Jahre 1738 nahm die Regierung selbst die Ausgrabungen
wieder auf und setzte sie nun mehr als ein Vierteljahrhundert, bis
1766, fort. Den Glanzpunkt bezeichnete um 1753 die Aufdeckung
der villa dei papiri, in der nicht bloß die Bibliothek des für
epikureische Philosophie interessierten Besitzers, sondern auch etwa
hundert Werke der Plastik zum Vorschein kamen, neben Marmor-
werken namentlich eherne Statuen und Büsten. Handelte es sich
auch hier wiederum nur um Kopien älterer Werke, so bot doch
die bisher nirgends geschaute Menge von Erzbildern einen ganz
neuen Eindruck und wies nachdrücklich darauf hin, wie unvoll-
kommen das Erz der Originale in den üblichen Marmorkopien
zu seinem Rechte kommt. Außerdem aber eröffnete die Fülle
antiken Erzgerätes einen Einblick in die reiche Formenschönheit,
mit der das antike Kunsthandwerk das ganze Leben einer alten
Stadt, selbst einer Provinzialstadt zweiten oder dritten Ranges, ge-
schmückt hatte. Nicht minder erschlossen die Malereien der
Wände, die rein dekorativen sowohl wie die größeren Gemälde,
der Forschung ein ganz neues Feld. Denn wie weniges der Art
bot Rom: einige verloschene Reste in den sogenannten Titus-
thermen (richtiger dem Goldenen Hause Neros) und die soge-
nannte aldobrandinische Hochzeit! Somit gewährten die Alter-
tümer von Herculaneüm nach verschiedenen Seiten Eindrücke und
Aufschlüsse, welche den engen Kreis römischer Anschauungen
ganz wesentlich erweiterten. Ein großes Kupferwerk machte diese