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Athen und Ionien. Das vatikanische Museum 11

(in Samos, Priene, bei Milet), eine bedeutende Erweiterung unserer
Kenntnis der ionischen Baukunst. Auch die dorischen Tempel-
ruinen auf Ägina und auf dem Kap Sunion traten ans Licht.
So ergänzten die Antiquities of Ionia in erwünschtester Weise
das ältere Werk, und indem ihre beiden Bände verhältnismäßig
rasch erschienen (1769 und 1797), verdunkelten sie fast das In-
teresse an jenem.

Winckelmann, dem früh Geschiedenen, war es nicht vergönnt
gewesen, einen Blick in das gelobte Land griechischer Kunst,
wie es sich hier durch englische Tatkraft aufgetan hatte, zu werfen.
Aber sein Ansehen war so überwältigend, daß die nächsten Gene-
rationen lieber bei ihm stehen blieben, als daß sie sich die neu
gewonnenen Anschauungen zunutze gemacht hätten. Winckel-
manns Kunstgeschichte blieb auf lange Zeit der Kanon für die
Kenntnis und die Beurteilung der griechischen Kunst, so deutlich
das Werk auch seinen Ursprung auf italienischem Boden, seine
Beschränkung infolge des benutzten, fast ausschließlich römischen
Materials zu erkennen gab. Aber wie viele waren es denn, deren
Blick damals weiter reichte? Vollends gewann der römische Geist
noch einmal völliges Übergewicht in der Bildung des vatika-
nischen Museums durch die beiden Päpste Clemens XIV.
und Pius VI. Das »pioclementinische« Museum war eine glän-
zende Erweiterung des alten belvederischen Statuenhofes. Das
beste, was sich in Rom und Umgebung durch Kauf, Schenkung,
Ausgrabungen erwerben ließ, sammelte sich in den Prachtsälen,
deren Bau mit der Bereicherung des Inhalts gleichen Schritt hielt.
1770 begonnen, erreichte das Museum seinen Abschluß im Jahre
1792, wo der erste Katalog erschien. Der bedeutendste Archäolog
Italiens, Ennio Quirino Visconti, verfaßte das Prachtwerk, das mit
päpstlicher Munifizenz hergestellt ward. Es nahm für die Er-
klärung der antiken Skulpturen etwa dieselbe Stelle ein, wie
Winckelmanns Lebenswerk für die Kunstgeschichte. So schien
das vatikanische Museum den glänzenden Abschluß der auf ita-
lienische Quellen gegründeten Archäologie bilden zu sollen. Diesen
 
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