56 IV. Die Grabstätten Etruriens und die antike Malerei
vollem' Farbenschmuck. Von beiden Gattungen sammelte er
Zeichnungen, von jenen auch sehr viele Originale, die sich jetzt
im Berliner Museum befinden.
Zu diesen beiden, bisher wenn auch nicht ganz unbekannten,
so doch wenig beachteten Denkmälerklassen gesellte sich nun
im Jahre 1827 etwas ganz Neues. In Corneto, dem alten Tar-
quinii, traten in mehreren neu geöffneten Grabkammern farben-
reiche Wandgemälde zutage. Die Kunde gelangte alsbald nach
Rom. Gerhard war in Deutschland, aber Stackeiberg und Kestner,
denen sich der Architekt Thürmer anschloß, eilten hinaus und
verwandten mehrere Wochen darauf, die ganzen figurenreichen
Wände von vier Grabkammern in farbigen Zeichnungen zu kopieren;
die größte der Kammern, die sogenannte grotta dal corso delle 648
bighe, fiel Stackeiberg als dem kunstgeübtesten Zeichner zu. Leider
scheiterte die alsbald in Angriff genommene Herausgabe der
44 großen Tafeln, nachdem sie bereits auf Stein gezeichnet waren,
an der gleichen Nachlässigkeit wie die Vollendung von Gerhards
Antiken Bildwerken. Die farbigen Originalblätter sind auf allerlei
Umwegen in den Besitz des Kunstarchäologischen Instituts der
Universität Straßburg gelangt; nur ganz unzulängliche Abbildungen
sind erschienen. Die Gemälde selbst aber sollten nicht lange
93 allein bleiben. Bald traten in Corneto neue Grotten mit Wand- 645/7
maiereien hinzu; dann öffneten sich ähnliche Gräber in Chiusi,
93 in Veji, später in Cerveteri und Orvieto. So bildete sich all- 643 f.
649 f
mählich eine lange Reihe von Wandmalereien, die in leidlicher
Vollständigkeit die Entwickelung dieses Zweiges der etruskischen
Kunst etwa von dem Anfang des 6. bis zum Anfang des 4. Jahr-
hunderts vor Augen stellten. Allerlei Einzelheiten und Roheiten,
dazu der oftmals stark hervortretende Naturalismus, der an den
verismo der toskanischen Kunst des Quattrocento erinnerte und
als bodenständig erscheinen durfte, ließen zunächst in diesen
Malereien nur das etruskische Element hervortreten, zumal da die
beliebten Szenen des täglichen Lebens den Gedanken an die
mythischen Stoffe der griechischen Kunst fern hielten. Aber in
allerlei Abstufungen brach sich mehr und mehr die Oberzeugung
Bahn, daß den etruskischen Bildern fast durchweg griechische
vollem' Farbenschmuck. Von beiden Gattungen sammelte er
Zeichnungen, von jenen auch sehr viele Originale, die sich jetzt
im Berliner Museum befinden.
Zu diesen beiden, bisher wenn auch nicht ganz unbekannten,
so doch wenig beachteten Denkmälerklassen gesellte sich nun
im Jahre 1827 etwas ganz Neues. In Corneto, dem alten Tar-
quinii, traten in mehreren neu geöffneten Grabkammern farben-
reiche Wandgemälde zutage. Die Kunde gelangte alsbald nach
Rom. Gerhard war in Deutschland, aber Stackeiberg und Kestner,
denen sich der Architekt Thürmer anschloß, eilten hinaus und
verwandten mehrere Wochen darauf, die ganzen figurenreichen
Wände von vier Grabkammern in farbigen Zeichnungen zu kopieren;
die größte der Kammern, die sogenannte grotta dal corso delle 648
bighe, fiel Stackeiberg als dem kunstgeübtesten Zeichner zu. Leider
scheiterte die alsbald in Angriff genommene Herausgabe der
44 großen Tafeln, nachdem sie bereits auf Stein gezeichnet waren,
an der gleichen Nachlässigkeit wie die Vollendung von Gerhards
Antiken Bildwerken. Die farbigen Originalblätter sind auf allerlei
Umwegen in den Besitz des Kunstarchäologischen Instituts der
Universität Straßburg gelangt; nur ganz unzulängliche Abbildungen
sind erschienen. Die Gemälde selbst aber sollten nicht lange
93 allein bleiben. Bald traten in Corneto neue Grotten mit Wand- 645/7
maiereien hinzu; dann öffneten sich ähnliche Gräber in Chiusi,
93 in Veji, später in Cerveteri und Orvieto. So bildete sich all- 643 f.
649 f
mählich eine lange Reihe von Wandmalereien, die in leidlicher
Vollständigkeit die Entwickelung dieses Zweiges der etruskischen
Kunst etwa von dem Anfang des 6. bis zum Anfang des 4. Jahr-
hunderts vor Augen stellten. Allerlei Einzelheiten und Roheiten,
dazu der oftmals stark hervortretende Naturalismus, der an den
verismo der toskanischen Kunst des Quattrocento erinnerte und
als bodenständig erscheinen durfte, ließen zunächst in diesen
Malereien nur das etruskische Element hervortreten, zumal da die
beliebten Szenen des täglichen Lebens den Gedanken an die
mythischen Stoffe der griechischen Kunst fern hielten. Aber in
allerlei Abstufungen brach sich mehr und mehr die Oberzeugung
Bahn, daß den etruskischen Bildern fast durchweg griechische