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Gerhard. Aufnahme des Materials. Etrurien 55

Kreis der Anschauungen über den bisher vorhandenen Rahmen
hinaus erweitern sollten. Gerhard wußte teils in Berlin, wo
eben an der Vollendung des Museums gearbeitet ward, Mittel
zur Beschaffung eines Apparates von unedierten Zeichnungen
flüssig zu machen, teils gewann er den Cottaschen Verlag zur
Herausgabe eines großen, auf 500 Foliotafeln berechneten Werkes
»Antike Denkmäler«, das leider, nicht durch Gerhards Schuld,
ins Stocken geriet, ehe es ein Drittel des geplanten Umfanges
erreicht hatte. Dabei traten wohl manche Schwächen von Ger-
hards wissenschaftlicher Richtung hervor, das ausschließlichelnteresse
für den Inhalt der Kunstwerke, besonders den mythologischen, und
die Vorliebe für manche entlegene Gattungen, wie z. B. oft recht
formlose Tonfiguren, denen man wenigstens den Vorwurf »nur
schön zu sein« nicht machen konnte. Aber darüber darf der
Grundgedanke nicht übersehen werden, der Archäologie eine
neue breitere Grundlage zu schaffen.

Während solche Pläne in Gerhards Sinne keimten und all»
mählich reiften, lernte er 1824 zuerst Etrurien kennen. Das
Land der alten Etrusker war seit fast hundert Jahren bei den
Altertumsforschern in Verruf gekommen durch die überschweng-
lichen Bemühungen einer lokalpatriotisch beschränkten Clique,
der sogenannten Etruscheria, ihre Heimat in alter Zeit als ein
Musterland aller Vollkommenheiten hinzustellen. Die Hochflut
dieser Bewegung war längst vorbei; zwei achtbare Gelehrte, Micali
und Inghirami, bemühten sich eben jetzt die antiken Denkmäler
Etruriens zusammenzustellen und in angemessenere Beleuchtung
zu rücken. Gerhard war aber doch erstaunt über den unerwarteten
Reichtum des Landes von Kunstwerken in öffentlichem und in
Privatbesitz. Besonders waren es zwei dem alten Etrurien eigene
Gattungen von Kunstwerken, die, so unscheinbar und künstlerisch
meistens unerfreulich sie auch waren, doch durch ihren Inhalt sein
Interesse erregten: die Metallspiegel mit eingeritzten Zeichnungen 426
auf der Rückseite, und die mehr oder weniger kubischen Aschen-
kisten (urne) mit meistens mythologischen Reliefs, nicht selten in 666
 
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