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Die Vasenfunde von Vulci 59

allen Punkten dieser ausgedehnten Strecke, an der außer dem Prinzen
von Canino noch zwei Besitzer, die Herren Candellori und Feoli, be-
teiligt sind, ist bisher unablässig und mit glücklichstem Erfolge nach-
gegraben worden; mit größtem Aufwand und reichster Ausbeute von
dem Prinzen, der den größten Teil jener Grundstücke besitzt. Außer
den Hirten der ganzen Gegend waren seit dem November vorigen
Jahres täglich hundert Arbeiter mit regelmäßigen Ausgrabungen be-
schäftigt, die unter seiner persönlichen Leitung geführt wurden. Eine
bedeutende Anzahl bemalter Gefäße und Schalen war die tägliche Frucht
dieser Ausgrabungen; viele fanden sich heil, die Mehrzahl der übrigen
ward unverzüglich an Ort und Stelle zusammengesetzt. Der Bericht-
erstatter, der als Augenzeuge spricht, kann des wunderbaren Schauspiels
nicht vergessen, das ihm zuerst auf der Höhe von Campomorto (dem
Ausgrabungsorte des Herrn Feoli) aus dem Anblick der in der nahen
Ebene vom mächtigen Grabhügel in ihrer Mitte [la Cucumella] nach
Jeder Seite hin vielfach zerstreuten Ausgrabungen erwuchs und bei
näherer Betrachtung auf die überraschendste Weise gesteigert wurde.
Zwischen den einzelnen Scharen fern her gekommener Arbeiter, meistens
Abbruzzesen und Romagnolen, die unter verschiedene Befehlshaber
ihrer Provinz verteilt blieben, bildeten drei Zelte den Mittelpunkt für
den unablässigen Zufluß frisch gefundener, noch von der Erde be-
deckter und befeuchteter Vasen und Vasenscherben. In dem Zelte,
das dem Prinzen und seiner Familie tagtäglich diente, wurden sofort
Versuche der Zusammensetzung angestellt, die vereinten Stücke gesondert
nach Musignano, dem Landhause des Prinzen, geschickt und mehreren,
nach längerer Übung bereits wohlerfahrenen Restauratoren übergeben.
Deren Arbeit schritt Tag und Nacht vorwärts; der Referent sah mit
Staunen eines Morgens zwei große und schöne Vasen zusammengesetzt,
deren Scherben er am Nachmittag vorher auf dem Ausgrabungsplatz
erblickt hatte. Der Prinz gab sich diese ganze Zeit hindurch einzig
den merkwürdigen Entdeckungen seines Bodens hin, der ihm innerhalb
wenig Monaten eine der auserlesensten Vasensammlungen lieferte, die
wir überhaupt kennen, und die Betrachtung jener wunderbaren Er-
scheinungen und Denkmäler fesselte ihn hinlänglich, um sich auch in
das Gebiet ihres erklärenden Verständnisses zu begeben.«

Die leise Ironie dieser letzten Wendung würdigt, wer weiß,
daß der Fürst von Canino, von seinem Hauskaplan Padre Maurizio
inspiriert, beispielsweise in dem Dionysos einer Schale, der im
Schiffe mit rebenumsponnenem Mast übers Meer fährt, den Wein-
erfinder Noah erkannte, den Namen des Töpfers Exekias für
hebräisch (Ezechiel) erklärte und in den Sprüngen, die der Firnis
am Rande der Schale beim zu scharfen Brennen des Tons erlitten
 
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