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60 IV. Die Grabstätten Etruriens und die antike Malerei

hat, hieroglyphische Zeichen, vermutlich aus der Zeit der Sintflut,
erblickte.

Der Generalbericht, den Gerhard 1831 über diese ganzen
Funde in den Schriften des Instituts erstattete, der als Muster
ebenso knapper wie vollständiger und klarer Berichterstattung be-
rühmt gewordene Rapporto volcente, legte einen neuen festen
Grund für die Wissenschaft von den antiken bemalten Vasen.
Diese neue Klasse von Denkmälern aber trat für längere Zeit
in der Archäologie so stark in den Vordergrund, daß der Spott
über das Istituto dei vasi und die science des pots casses nicht
wohl ausbleiben konnte und vielleicht noch heutzutage nicht
ganz verstummt ist. Was war es denn, das diesen unscheinbaren
Erzeugnissen des Kunsthandwerkes einen so großen Wert verlieh?

Zunächst eben der erneute Einblick in die Vollendung des
antiken Kunsthandwerks, die schon bei der Entdeckung von
Herculaneum überrascht hatte (S. 8). Wenn es sich aber dort um
das verfeinerte Erzgeräte der hellenistischen Zeit gehandelt hatte,
so kam hier attisches Tongerät in seiner vornehmen Einfachheit
zum Vorschein. Eine große Mannigfaltigkeit herrscht in den
Formen, die je nach dem Zwecke der Gefäße — zum Aufbe-
wahren, zum Mischen, zum Schöpfen, zum Trinken des Weines —
in große Klassen sich teilen lassen, darin aber bedeutende Ver-
schiedenheit im einzelnen aufweisen und die zeitliche Entwickelung
der einzelnen Gattungen deutlich verfolgen lassen. Was aber
allen diesen Gefäßen ihren besonderen Stempel aufdrückt, das
ist die unlösliche Verbindung größter Zweckmäßigkeit mit mög-
lichst einfacher, möglichst dem Zweck sich anschmiegender Form.
Wie der Natur abgelauscht, ohne eine Spur jener Willkür in der
Formgebung, die dem modernen Kunsthandwerk so leicht an-
haftet, stellt sich eine solche antike Vase als ein harmonischer
Organismus dar, und wenn irgendwo, so ist hier das Wort an
seiner Stelle: »Des Körpers Form ist seines Wesens Spiegel;
durchdringst du sie, löst sich des Rätsels Siegel«.

Mehr noch als die Form, bot der Inhalt der bildlichen
Darstellungen, die die Gefäße zu schmücken pflegen, den Archäo-
logen aller Nationen reichen Stoff für wissenschaftliche Erforschung,
 
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