Plastik. Hellenismus. Jüngeres Archäologengeschlecht 95
fast ganz im Stiche läßt. Das Verdienst mit neuer Forschung
hier eingesetzt zu haben gebührt Wolfgang Heibig, einem Zög-
ling der Bonner Universität aus der Zeit Ritschis und Jahns.
Seine Katalogisierung der erhaltenen Wandgemälde aus Hercu-
laneum und Pompeji (1868, s. S. 67) führte ihn auf weitere
Untersuchungen, die er 1873 ausführlich darlegte. Das Haupt-
ergebnis war, daß jene Gemälde, wenn auch in römischer Zeit
gemalt, doch mit verschwindenden Ausnahmen auf die hellenistische
Malerei zurückgingen und deren Erzeugnisse in mehr oder minder
abgeblaßten oder entstellten Kopien wiedergäben; was römisch war,
zeigte abweichenden Stil und war meistens derb realistisch. Um
dies Resultat völlig klarzustellen, führte Heibig eine lange Reihe
von Einzeluntersuchungen durch, die sich als der erste Versuch
einer Kulturgeschichte des hellenistischen Zeitalters bezeichnen
lassen. Damit war für die Kenntnis der spätgriechischen Kunst,
zunächst für die Malerei, ein neuer Grund gewonnen. Wie immer
traten die Unterschiede erst einmal vor dem Gesamtbilde zurück,
aber der Boden war bereitet um neuen Entdeckungen auf diesem
Gebiete, die bald eintreten sollten, ihren Platz anzuweisen. Anderer-
seits hatte die römische Kunst eines ihrer geschätztesten Erzeug-
nisse, die »pompejanische« Malerei, an den Hellenismus abgeben
müssen und durfte sich auf weitere Terrainbeschränkungen ge-
faßt machen.
Die Aufgabe alle die neuen Entdeckungen wissenschaftlich
zu verarbeiten traf eine neue Generation. Von der älteren wurden
in Deutschland drei Hauptvertreter, Gerhard, Welcker, Jahn, in
den sechziger Jahren abberufen; Otfried Müller war schon 1840
in Griechenland gestorben. Brunn wirkte noch am Archäologischen
Institut in Rom als Erzieher der jüngeren Fachgenossen, bis er
1865 nach München berufen ward und seinen römischen Posten
an Heibig abgab. Für die neuen Lehrstühle der Archäologie,
die an immer mehr deutschen Universitäten errichtet wurden,
ließen sich nunmehr die Kräfte aus der Zahl jener jungen Männer
gewinnen, die am Institut ihre archäologische Ausbildung ver-
vollkommnet hatten. Eben diese methodische Vorbereitung der
Lehrer und die Verbreitung archäologischen Unterrichts über
fast ganz im Stiche läßt. Das Verdienst mit neuer Forschung
hier eingesetzt zu haben gebührt Wolfgang Heibig, einem Zög-
ling der Bonner Universität aus der Zeit Ritschis und Jahns.
Seine Katalogisierung der erhaltenen Wandgemälde aus Hercu-
laneum und Pompeji (1868, s. S. 67) führte ihn auf weitere
Untersuchungen, die er 1873 ausführlich darlegte. Das Haupt-
ergebnis war, daß jene Gemälde, wenn auch in römischer Zeit
gemalt, doch mit verschwindenden Ausnahmen auf die hellenistische
Malerei zurückgingen und deren Erzeugnisse in mehr oder minder
abgeblaßten oder entstellten Kopien wiedergäben; was römisch war,
zeigte abweichenden Stil und war meistens derb realistisch. Um
dies Resultat völlig klarzustellen, führte Heibig eine lange Reihe
von Einzeluntersuchungen durch, die sich als der erste Versuch
einer Kulturgeschichte des hellenistischen Zeitalters bezeichnen
lassen. Damit war für die Kenntnis der spätgriechischen Kunst,
zunächst für die Malerei, ein neuer Grund gewonnen. Wie immer
traten die Unterschiede erst einmal vor dem Gesamtbilde zurück,
aber der Boden war bereitet um neuen Entdeckungen auf diesem
Gebiete, die bald eintreten sollten, ihren Platz anzuweisen. Anderer-
seits hatte die römische Kunst eines ihrer geschätztesten Erzeug-
nisse, die »pompejanische« Malerei, an den Hellenismus abgeben
müssen und durfte sich auf weitere Terrainbeschränkungen ge-
faßt machen.
Die Aufgabe alle die neuen Entdeckungen wissenschaftlich
zu verarbeiten traf eine neue Generation. Von der älteren wurden
in Deutschland drei Hauptvertreter, Gerhard, Welcker, Jahn, in
den sechziger Jahren abberufen; Otfried Müller war schon 1840
in Griechenland gestorben. Brunn wirkte noch am Archäologischen
Institut in Rom als Erzieher der jüngeren Fachgenossen, bis er
1865 nach München berufen ward und seinen römischen Posten
an Heibig abgab. Für die neuen Lehrstühle der Archäologie,
die an immer mehr deutschen Universitäten errichtet wurden,
ließen sich nunmehr die Kräfte aus der Zahl jener jungen Männer
gewinnen, die am Institut ihre archäologische Ausbildung ver-
vollkommnet hatten. Eben diese methodische Vorbereitung der
Lehrer und die Verbreitung archäologischen Unterrichts über