176 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit
drate usw.) auf, die eine ganz abweichende Quelle der Ornamentik
verrieten. Ganz vereinzelt hatte schon 1847 Thomas Burgon auf
diese linearen Formen aufmerksam gemacht, und Gottfried Semper
nahm 1863 diesen Hinweis auf; aber im Zusammenhange wies
doch erst Conze 1870 diesen »geometrischen« Stil als den
einer besonderen, hochaltertümlichen Vasengattung nach. Das
Charakteristische an ihr ist, daß das ganze Ornamentsystem rein 205
linear ist Grade Linien, Zickzack und gekreuzte Linien, einfache
Mäandermuster, Vierecke, Kreise, Spiralen und ähnliche geome-
trische Formen, anscheinend den uralten Techniken des Webens,
Flechtens und Punzens entnommen, schließen sich zu einem ganz
bestimmten System der Anordnung, der Verbindung, der meist
streifenförmigen Verteilung über die Fläche zusammen und unter-
scheiden sich eben dadurch von der Kunst wilder Völker, die
viele von diesen einfachen Formelementen ebenfalls verwenden.
Jene im orientalisierenden Stil so beliebten stilisierten Pflanzen-
ornamente fehlen gänzlich, ebenso wie die Löwen und Panther,
die Sphinxe und Greifen des Orients. Wo Tiere auftreten, sind
es Haustiere, Gänse, Störche, Pferde an der Krippe und dergleichen. 206
iv 2
In Italien erscheint dieser geometrische Stil besonders in den ein-
geritzten Mustern des Metallgerätes, aber auch wo er dort auf
Tongefäßen auftritt, sind die Ornamente gern mit dem Griffel
eingeritzt Daß dies die ursprünglichere Weise ist, scheint dar-
aus hervorzugehen, daß auch auf den bemalten Tongefäßen Grie-
chenlands ein zeichnerischer, nicht ein malerischer Charakter
herrscht Die Ornamente so gut wie die ornamental gestalteten
Tiere sind nur gezeichnet, die Flächen mit gestrichelten Mustern
ausgefüllt; selten wird einmal ein voller Pinsel gebraucht
So etwa erschien der »geometrische« Stil in den ungefähr
60 Beispielen, an denen Conze zuerst seine Entdeckung darlegte.
In ungeahnter Schnelligkeit mehrten sich, nachdem einmal der
Blick für die neue Erscheinung geöffnet war, die Beispiele und
ergaben namentlich nach zwei Seiten hin eine Erweiterung der
anfänglichen Erkenntnis. Ein großer Vasenfund am athenischen
Dipylon im Jahre 1871 zeigte, daß dieser lineare Stil auch auf 207
Menschen, richtiger auf Menschenschemata, ausgedehnt worden
drate usw.) auf, die eine ganz abweichende Quelle der Ornamentik
verrieten. Ganz vereinzelt hatte schon 1847 Thomas Burgon auf
diese linearen Formen aufmerksam gemacht, und Gottfried Semper
nahm 1863 diesen Hinweis auf; aber im Zusammenhange wies
doch erst Conze 1870 diesen »geometrischen« Stil als den
einer besonderen, hochaltertümlichen Vasengattung nach. Das
Charakteristische an ihr ist, daß das ganze Ornamentsystem rein 205
linear ist Grade Linien, Zickzack und gekreuzte Linien, einfache
Mäandermuster, Vierecke, Kreise, Spiralen und ähnliche geome-
trische Formen, anscheinend den uralten Techniken des Webens,
Flechtens und Punzens entnommen, schließen sich zu einem ganz
bestimmten System der Anordnung, der Verbindung, der meist
streifenförmigen Verteilung über die Fläche zusammen und unter-
scheiden sich eben dadurch von der Kunst wilder Völker, die
viele von diesen einfachen Formelementen ebenfalls verwenden.
Jene im orientalisierenden Stil so beliebten stilisierten Pflanzen-
ornamente fehlen gänzlich, ebenso wie die Löwen und Panther,
die Sphinxe und Greifen des Orients. Wo Tiere auftreten, sind
es Haustiere, Gänse, Störche, Pferde an der Krippe und dergleichen. 206
iv 2
In Italien erscheint dieser geometrische Stil besonders in den ein-
geritzten Mustern des Metallgerätes, aber auch wo er dort auf
Tongefäßen auftritt, sind die Ornamente gern mit dem Griffel
eingeritzt Daß dies die ursprünglichere Weise ist, scheint dar-
aus hervorzugehen, daß auch auf den bemalten Tongefäßen Grie-
chenlands ein zeichnerischer, nicht ein malerischer Charakter
herrscht Die Ornamente so gut wie die ornamental gestalteten
Tiere sind nur gezeichnet, die Flächen mit gestrichelten Mustern
ausgefüllt; selten wird einmal ein voller Pinsel gebraucht
So etwa erschien der »geometrische« Stil in den ungefähr
60 Beispielen, an denen Conze zuerst seine Entdeckung darlegte.
In ungeahnter Schnelligkeit mehrten sich, nachdem einmal der
Blick für die neue Erscheinung geöffnet war, die Beispiele und
ergaben namentlich nach zwei Seiten hin eine Erweiterung der
anfänglichen Erkenntnis. Ein großer Vasenfund am athenischen
Dipylon im Jahre 1871 zeigte, daß dieser lineare Stil auch auf 207
Menschen, richtiger auf Menschenschemata, ausgedehnt worden