Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Phästos. »Ägäische« Kunst 199

Beginn des 5. Jahrhunderts, vermocht hat. In welch leuchtendem
Glänze steigt infolge aller dieser Entdeckungen die griechische
Heroenzeit des zweiten Jahrtausends aus den Nebeln der sagenhaften
Überlieferung hervor! Welch neues Leben hauchen die Funde
aber auch den Schilderungen des homerischen Epos ein und
lehren uns seine ältesten und kraftvollsten Bestandteile scheiden
von den zarteren, gewinnenderen, aber auch teils moderneren teils
formelhafter erstarrten Zusätzen der ionischen Sänger!

Auch die Kreter scheinen mit Ägypten in Beziehung ge-
standen zu haben. Wenigstens werden die Kefto ägyptischer
Wandgemälde, mit ihren Goldgefäßen von »mykenischer« Form
und Ornamentik, deren Heimat man an verschiedenen Orten ge-
sucht hat, am wahrscheinlichsten für die Kreter, die Kephtor der
Bibel, gehalten. Manche Sonderzüge sind der kretischen, andere
der festländischen Kunst eigen, aber an der Zusammengehörigkeit
der ganzen »mykenischen« Kultur und Kunst läßt sich trotzdem
nicht zweifeln. Allem Anschein nach ist die große seemächtige
Insel Kreta der vornehmste Sitz dieser Kultur gewesen; werden
wir diese deshalb »kretisch« oder gar »minoisch« nennen? Das
wäre nur dann berechtigt, wenn wir sicher wären, daß sie auch
ihren Ursprung in Kreta gehabt und von hier aus sich nordwärts
verbreitet habe. Andrerseits hat der Name »achäisch« durch das
Übergewicht Kretas, das sich doch durchaus nicht in seiner Ge-
samtheit als achäisch bezeichnen läßt, an Wahrscheinlichkeit ein-
gebüßt. Wahren wir uns also lieber den Vorteil, die Bezeich-
nungen »kretisch« und »mykenisch« für die einzelnen lokalen
Gruppen und deren Besonderheiten zu verwenden, während sich
für die Gesamtheit aller Erscheinungen am einfachsten aus deren
hauptsächlichem Verbreitungsgebiet der am wenigsten präjudi-
zierende Name »ägäisch« ergibt.
 
Annotationen