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ARCHITEKT ALBERT RIEDER
Von Gustav Strothmann

Durch Arbeiten von besonders persönlicher Prä-
gung, sowie durch verschiedeneWettbewerbe ist
Albert Rieder schon mehrfach hervorgetreten. Seine
hier dargestellten neueren Werke mögen weiteren
Kreisen in das Schaffen und das Ziel Rieders Ein-
blick geben.
Wenn auch die Arbeiten nicht zu den großen
Aufgaben gehören, sich in der Hauptsache im Ein-
familienhausbau bewegen, spricht doch aus den
gründlich durchgearbeiteten Grundrissen, dem zu-
rückhaltenden Wesen im Aufbau und der liebe-
vollen Behandlung der einzelnen Teile ernste Auf-
fassung und volle Hingabe an die jeweils gestellte
Aufgabe. Um sich ein abschließendes Urteil über
sein Schaffen machen zu können, wäre es allerdings
notwendig, auch die früheren, hier nicht veröffent-
lichten Häuser zu kennen.
Frei von unnötigem Schmuckwerk sollen die
Arbeiten nur durch klare Aufteilung, durch schöne,
abwechslungsreiche Anordnung der Fenster und
durch Material und Farbe im Einklang mit ihrer
Umgebung zu wirken suchen. Ernstes Streben nach
voller, künstlerischer Gestaltung und eine reiche
Fülle von Gedanken bewahren davor, in starren
Schematismus zu verfallen.
Wer z. B. das schon früher veröffentlichte Haus
Burger, Zehlendorf, in seiner hochstrebenden Kühn-
heit, und dann das hier abgebildete Haus Rohardt
in seiner lieblichen Anmut gesehen hat, wird diese
beiden charaktervollen Schöpfungen, die das Hinein-
leben in die gestellten Aufgaben besonders stark
zum Ausdruck bringen, nicht mehr aus der Erinne-
rung verlieren. Rings umgeben von alten Park-
bäumen, abgeschlossen vom lärmenden Verkehr,
glaubt man sich auf der Gartenterasse des Hauses
Rohardt auf eine stille, liebliche Insel versetzt.
Herber, aristokratischer in der Wirkung sind
die Häuser Wendeistadt und Kirschten in
Grünewald; sie haben, wenn man einen Vergleich
anstellen darf, durch die Fenstertüren im Erdge-
schoß etwas von der Atmosphäre des vornehmen
Bürgerhauses um 1800.
Im Gegensatz zu diesen Einfamilienhäusern ist
das Haus Körte ein grösseres Landhaus von an-
nähernd quadratischem Grundriß. Vier glatt hoch-
steigende Außenwände, wovon zwei als Giebel-
wände, mit einfachem Satteldach darüber waren die
Mittel, die zur Umbauung dieser Wohnstätte ge-
nügten. In dieser absichtlichen äußersten Beschrän-
kung und dieser scheinbar selbstverständlichen

Einfachheit liegt die Kraft, die dem Haus den freien,
stolzen Charakter verleiht. Die offene Terrasse bil-
det das verbindende Glied von Haus und Garten,
die diesen als weiteren architektonischen Bestand-
teil des Hausgrundrisses erscheinen läßt.
Das Haus Mitscherlich, München—Schwa-
bing, ist ein Reihenhaus. Ernst und verschlossen
nach der Straße, nach Norden, aber offen und frei
nach dem Garten, nach Süden. Diese Offenheit
und Freiheit sollte aber nur eine begrenzte, und
nicht für die Allgemeinheit bestimmte sein. Das
ganze Grundstück wurde rings von einer drei Meter
hohen Mauer, an die sich eine, von grünem Ranken-
werk umspannte Pergola anlehnt, umschlossen. Auf
diese Weise wurde eine kleine, aber eigene Welt
geschaffen.
Durch den Einbau des hohen Ateliers waren im
Grundriss insofern Schwierigkeiten zu überwinden,
als im Obergeschoss Teile des Schlaf- und des
Ankleidezimmers über das höhergehende Atelier
hinübergebaut werden mussten. Durch Verlegen
der Badewanne im Ankleidezimmer und durch die
Ausbildung des höhern Teiles im Schlafzimmer zur
Bettnische sind diese Höhenverschiebungen prak-
tisch und vorteilhaft ausgenützt worden.
Klarheit nach Innen, Einfachheit nach Außen,
waren auch bei der Schule Neuenhagen die leiten-
den Grundgedanken.
Ueberraschend wirkt das, für die bekannte
Konditorei J osty, Berlin, eingerichtete Filial-
Cafe an der Kaiser-Allee. Durch die in dunkel
poliertem Kirschbaumholz ausgeführten Holzarbei-
ten in Verbindung mit der grünen Wandbespannung
wurde jene Stimmung erreicht, die uns bei einem
Konditorei-Cafe so wohl berührt.
Noch einige Worte zum Garten Wendeistadt.
Wie ein Hausgrundriß in verschiedene Räume ein-
geteilt wird, von denen jeder eine andere Funktion
des täglichen Lebens umfaßt, so ist auch dieser
Garten in Gartenräume eingeteilt, von denen jedem
eine andere Bestimmung zugewiesen ist. Das ab-
fallende Gelände bot willkommene Gelegenheit, die
Terassen abgestuft anzulegen, wobei die Mauern
die natürlichen Raumabschlüsse bildeten. Wenn diese
raumabschließende Wirkung auch aus alten Schloß-
gärten und alten, reichen Bürgergärten wohl be-
kannt ist, freuen wir uns doch, hier diese Gedanken
wieder verwirklicht zu finden, die für eine wei-
tere Entwicklung des Themas so überaus wich-
tig sind.

MOD. BAUFORMEN 1916. IV. 1

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