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Morelli, Giovanni
Kunstkritische Studien über italienische Malerei (Band 1): Die Galerien Borghese und Doria Panfili in Rom — Leipzig, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.2151#0124
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Einleitung.

103

Gemälden in Prato und Spoleto sind mir von ihm in
Italien nur noch die zwei Tafeln mit den vier Kirchen-
vätern in der Akademie zu Turin bekannt.1

Bei Botticelli ist dagegen die Hand sehr knochig
und, wenn ich so sagen darf, plebejisch, — mögen die
Herren Demokraten mir diesen Ausdruck vergeben, —
die Nägel sind breit, viereckig, mit scharfen dunkeln
Umrissen. Diese seine Hand, dabei seine angeschwol-
lenen Nasenflügel, sein bewegter länglicher Faltenwurf
nebst der leuchtenden Durchsichtigkeit seiner Farben,
wo das goldige Kirschroth die vorherrschende Note ist,
während in den Gemälden des Fra Filippo das Hell-
blau und Hellgrau die Grundtöne bilden, lassen des
Botticelli Bilder leicht von denen seiner Nachahmer
auch schon an der Aussenseite unterscheiden.2

Die Hand des Filippino Lippi endlich hat eine
ganz eigenthümliche und unschöne Fingerbildung. Der
Ansatz der Finger an der Hinterhand (Metacarpimn) ist
so scharf angegeben, dass diese zwei Theile nicht in-
einander gewachsen, sondern fast wie ineinander ge-
schraubt aussehen. Die Finger sind lang, hölzern und
wenig belebt. Und wie die Gramme der Farben bei
diesen drei verwandten Malern eine verschiedene ist,
so weichen sie auch in ihren landschaftlichen Hinter-
gründen stark voneinander ab, und selbst die Form des

1 Herr Director W. Bode (II, 572) stellt das schöne und echte
Bild des Frate (Nr. 1307) in den Uffizien (von dem im Hause des
Fürsten Torlonia in Rom eine alte Copie sich vorfindet) mit dem
Madonnenbildchen im Museum von S. Maria nuova in Florenz
ungefähr auf dieselbe Stufe, während, nach meiner Ansicht, dies
letztere Bildchen doch nur der Schule angehören kann.

2 Die meisten Galeriedirectoren, die gewöhnt sind der Tra-
dition zu folgen oder auch blos nach dem flüchtigen Totalein-
druck die Bilder zu bestimmen, pflegen jedoch fast allenthalben
sowol die Atelierwerke als auch die der Nachahmer des Botti-
celli mit den Originalbildern des Meisters zu verwechseln.
 
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