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— 16 —

Griechische Weise gerüstete Streiter. — Vor Müller's von Einigen
gebilligter Erklärung hat bei Anderen die von H. N. Ülrichs in den
Annali delC Inst, di corrisp. arch. Vol. XIII, p. 74 AI. aufgestellte
Anerkennung gefunden, welche sich auch auf die beiden äussersten
Gruppen, die auf der ersten und sechsten Platte, erstreckt. Ulrichs
bezieht die Hauptdarstellung auf dem Kampf des Demophon oder
lieber Theseus gegen den Eurystheus, über welchen u. A. auch
in Euripides' Herakliden die Rede ist. Das Felsschleudern komme
auch bei den Homerischen Helden vor. Von dem Künstler unse-
res Werkes sei es besonders auch aus dem Grunde beliebt, um in
passender Weise auf das Schlachtterain, die mit grossen Feldstei-
nen bedeckte Ebene von Pallene und Gargettos, hinzudeuten. Von
der Höhe des Gebirges, wo die ihnen befreundeten Götter Athen a,
Hebe (durch Verschleierung als Neuvermählte des Herakles be-
zeichnet), Zeus thronen, bewegen sich die Athener gegen die Ar-
giver, die dem grösseren Theile nach schon hinfliehen nach ihren, am
anderen Ende des Kampfplatzes thronenden Göttern: Poseidon,
Hera und Ares. Der Held welcher in der Mitte des Ganzen al-
lein den Kampf bestehe gegen die drei, noch Stand nahenden Fels-
schleuderer, sei Theseus, die beiden am Boden liegenden Todten
die Söhne des Eurystheus. In der Gruppe links von den Göt-
tern der Athener sei die Gefangennehmung des Eurystheus zu Tri-
korythos dargestellt. Dem als Hiketes auf die Kniee gesunkenen
König der Argiver werden von dem Hyllos die Hände auf den
Rücken gebunden. Die Figur rechts von diesen beiden sei der
verjüngte Iolaos. Er strecke den Arm aus, um dessen Kraft zu
zeigen, ganz wie Euripides sage. Gegen ihn hebe Hebe ihre Rechte,
zum Zeichen dass sie seine Bitte um Verjüngung erhört habe. Von
den fünf Figuren der Gruppe rechts von den Göttern der Argiver
deuten die beiden mittelsten durch ihre Haltung mit Sicherheit auf
einen Tanz zur Feier des Sieges. Die äusserste Figur rechts scheine
einen Grabenden vorzustellen, worin man eine Andeutung der Be-
stattung des Eurystheus vor dem Tempel der Pallenischen Athena
zu Gargettos zu erkennen habe. — Wie scharfsinnig diese Erklärung
auch ist und wie sehr sie selbst in den kleinsten Einzelheiten durch
Schriftstellen gestützt scheinen mag, so kann sie in mancher Be-
ziehung doch dem wirklich Dargestellten gegenüber nicht Stich hal-

ten. Eine genaue Beschreibung der einzelnen Figuren giebt nach den
im Britischen Museum befindlichen Gypsabgüssen Hawkins in Anc.
Marbles in the Br. Mus. P. IX, p. 67 fll. Es scheint klar, dass in
der Gruppe zumeist nach links die Figur, welche Ulrichs für den
Hyllos hält, vielmehr ein Kampfgenosse des „Eurystheus" sein soll,
welcher erschreckt vor den beiden von links her auf ihn los eilen-
den Kriegern flieht (das Vorhandensein des Riemens am linken Vor-
derarm jener Figur, welcher auf einen Schild deuten würde, be-
zweifelt Hawkins). Die vermeintliche Hebe wendet sich gewiss an
Athena (nach Hawkins hielt sie ein Skeptron mit der rechten Hand,
wie Zeus mit der linken; Athena fasste mit der rechten einen Speer
aus Bronze, auch war ihr eine Aegis aus Bronze angesetzt). Von
den beiden „Tänzern" in der Gruppe zumeist nach rechts ist der
zur Rechten ein Gefangener mit auf den Rücken gebundenen Hän-
den , welchen der zur Linken gefasst hält. Die Figur links von
diesem macht eine feindliche Bewegung entweder gegen den Hal-
tenden oder wahrscheinlich gegen den Gehaltenen. Gegen diesen
scheint sich auch die Figur rechts von ihm zu richten. Die Figur
zu allermeist nach rechts sieht ganz so aus, als ziehe sie mit bei-
den Armen angestrengt etwas an sich. Will man also doch noch
im Betreff der beiden äussersten Gruppen die Ulrichsche Deutung
festhalten, so muss man den Iolaos in der nach links aufgeben und
die nach rechts etwa auf die Tödtung des Eurystheus deuten. Ge-
gen die Erklärung der Hauptscene, der des Kampfes, wird man
schwerlich etwas vollkommen Stichhaltiges einwenden können. Nur
ist die Deutung der dabeisitzenden Gottheiten keinesweges über-
zeugend. Die „Hebe" wird ein Jeder zunächst für Hera halten,
wie schon Stuart that; die „Hera", namentlich einer solchen „Hebe"
gegenüber. Niemand anerkennen. Von den Erklärungen der beiden
männlichen Figuren zu den Seiten dieser steht nicht einmal die
sicher, bezüglich deren Müller und Ulrichs übereinstimmen. Sonst
beherzige man noch den Einwurf, welchen Ross „Das Theseion
und der Tempel des Ares in Athen", Halle 1852, S. 16, beiden
Erklärern macht]. Nach Stuarts Antiquities of Athens V. III. ch. 1.
pl. 15—20, [mit möglichster Berücksichtigung von Anc. Marbl,
in the Br. Mus. P. IX, pl. 12—17].

n. 110. Der Fries der Westseite, [von geringerer Länge als
 
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