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Müller, Walther
Die Theseusmetopen vom Theseion zu Athen in ihrem Verhältnis zur Vasenmalerei — Göttingen, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.901#0026
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— 26 —

keinen Einfluss geübt. Die Vasenmalerei hat unbekümmert um sie
das zweite Motiv weitergebildet. Nachdem sich in der rotfigurigen
Malerei einmal ohne ein Vorbild der gleichzeitigen darstellenden Kunst
ein neuer fester Typus, an den alten anknüpfend, entwickelt, hatte er
so feste Wurzeln geschlagen, däss man ihn schwer aufgeben mochte,
selbst dann, als ein plastisches Vorbild dazu lockte. Dass indess
auch die Metope gewirkt und zwar um 430, ist nachgewiesen. Es er-
giebt sich ferner das allgemeine Eesultat, dass die rotfigurige Technik
es durchaus nicht verschmäht hat, „das einmal Gefundene festzuhalten,
es durch geringes Modifizieren bald einem widerstrebenden Räume,
bald einem verwandten Stoffe anzupassen." Dieses Kunstgeheimnis
ging keineswegs mit dem Archaismus unbetrauert zu Grabe, Man
kann sich gegen diese von Klein, Euphr. p. 202, ausgesprochene An-
sicht nicht genug verwahren. Kehrt doch genau dasselbe Kampf-
schema in zahlreichen rotfigurigen Bildern wieder. [Dubois-Mais.
intr. 15,1; Gerhard, A. V. B. 165,1 u. a. m.] Ja, gerade diese stark
konservativ gefärbte Bestrebung:

Am guten Alten

In Treuen halten,

Am kräftigen Neuen,

Sich stärken und freuen,
die war es, welche die griechiche Kunst gross gemacht. Sie haschte
nicht athemlos nach neuen Motiven, wie unsere Zeit, sondern bildete
die überkommenen Typen gründlich durch, ehe sie neues wagte, und
erklomm so langsam und stufenweise den Gipfel der Kunst, zu dem
wir Epigonen noch immer in stummer Anbetung hinaufschauen.

II. Marathonischer Stier.

Bei der Betrachtung des Minotauroskampfes haben wir gelernt,
auf Vorbilder Rücksicht zu nehmen. Nur so konnten stellenweise
Umbildungen der alten Vorlagen erklärt werden. Bei der künst-
lerischen Darstellung der Bändigung des marathonischen Stiers durch
den attischen Helden liegt die Sache nicht anders. Erstlich war es
natürlich, dass die Vasenmalerei das Vorbild, welches ihr in dem
analogen Kampfe des Herakles geboten wurde, freudig aufgriff und
auf Theseus übertrug. Dass sie dabei nicht stehen blieb, sondern auch
hier die Form geschickter ausgestaltete, liegt in der Natur der zeit-
lichen und künstlerischen Fortschritte der Malerei begründet. Zweitens
kann ich mich nicht überzeugen, dass am Thron von Amyklai der
Kampf zwischen Theseus und Minotauros zweimal dargestellt war.
 
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