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Müller, Walther
Die Theseusmetopen vom Theseion zu Athen in ihrem Verhältnis zur Vasenmalerei — Göttingen, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.901#0042
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— 42 —

barbarischen Gestalten typisch und kann deshalb an den betreffenden
Stellen übergangen werden.

IV. Prokrustes.

Die vierte Metope der Südseite hat bisher mit Bestimmtheit noch
nicht gedeutet werden können. Ob sie den Tod des Prokrustes und
das erste Eelief der Nordseite den des Periphetes darstellt oder um-
gekehrt, ist aus den nicht eben geringen Resten dennoch nicht zu er-
mitteln. Gerade das Charakteristikum nämlich, die Waffe des Theseus,
fehlt in der südlichen Metope. Bei der anderen muss sicherlich eine
Lanze ergänzt werden, die auch nichts zur Erklärung beiträgt. So
viel können wir aber sagen: ein Schwert kann Theseus dort nicht
geschwungen haben. Die furchtbare Anspannung aller Muskeln des
Helden und die geduckte Haltung des Kopfes bei Prokrustes, die in
Erwartung eines Schwerthiebes ganz unmotiviert ist, deutet auf eine
schwerere, zerschmetternde Waffe, die Keule oder den Doppelhammer.
Auch dies entscheidet nichts. Aber der Raum scheint für die Keule
etwas beschränkt. Dazu dient auf keinem Vasenbilde, das den Tod
des Prokrustes behandelt, die Lanze dem Theseus als Waffe. So
spricht die Wahrscheinlichkeit für die Beziehung der Metope auf das
Prokrustesabenteuer. Auch sie veranschaulicht, wie die besprochenen,
einen Moment riesiger Spannung. Alle Muskeln sind bei den Kämpfern
in Thätigkeit und Bewegung. Nach der gekrümmten Stellung des
Prokrustes, dem vorgestreckten Arme möchte man urteilen, er werde
von Theseus herangezerrt. Aus der Zeichnung aber erkennt man
deutlich an dem Ansätze des linken Armes des Helden, dass dieser
hoch erhoben und an dem Schwingen der Waffe beteiligt war. Hier
scheint eher eine Verzeichnung vorzuliegen, denn das Widerstreben
gegen eine fortzerrende Gewalt tritt in dem Körper des Räubers allzu
prägnant zu Tage. Theseus kann ziemlich rekonstruiert werden. Seine
Stellung ist nicht die gewöhnliche, ausschreitende, sondern gewunden.
Er setzt den linken Fuss vor, legt das Gewicht aber auf das zurück-
gesetzte Bein. Der Oberkörper krümmt sich leicht, der Bewegung des
Armes folgend, welcher die Waffe schon über den Höhepunkt hinaus-
geführt und sie im nächsten Moment auf das Haupt des Unglücklichen
wird niedersausen lassen. Prokrustes ist zu Boden gesunken, wahr-
scheinlich bereits infolge eines Schlages, liegt aber noch nicht, wie
Periphetes, auf der Erde, sondern sitzt auf der linken Ferse, während
er das rechte Bein, leicht gekrümmt, vorstellt. Der Kopf war in
Erwartung des Schlages auf die Brust geneigt, der rechte Arm vor-
 
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